UNFRIEND
FRIEND REQUEST
Story
„Unfriend“ eignet sich bestens für diejenigen der Generation Facebook, die zwischen 18 und 25 sind und bislang ca. eine Handvoll Horrorfilme gesehen haben. Für diejenigen, die keinen Sinn darin sehen, jeglichen banalen Alltagsmist im Internet zu veröffentlichen und die eine mindestens dreistellige Horrorfilm-Anzahl auf dem Buckel haben, dürfte „Unfriend“ verzichtbarer Mainstream-Horror sein. Dass „Unfriend“ tatsächlich ein deutscher Film ist, sieht man ihm allerdings nicht an. Regisseur Simon Verhoeven („Männerherzen“) hat seinen Film in Kapstadt mit englischsprachigen Darstellern gedreht, so dass lediglich die Credits erkennen lassen, dass es sich um eine deutsche Produktion handelt. Besser oder schlechter wird der Film dadurch aber auch nicht.
Laura Woodsen (Alycia Debnam-Carey) studiert am College im ersten Semester Psychologie, hat die Haare schön und über 850 Facebook-Freunde. Mitstudentin Marina (Liesl Ahlers) hat weder die Haare schön (im Gegenteil, sie hat Trichotomie) noch irgendwelche Freunde. Also schickt sie der beliebten Laura eine Freundschaftsanfrage via Facebook. Laura nimmt die Anfrage – mehr aus Mitleid mit der Außenseiterin allerdings – an. Von da an überhäuft Marina Laura mit Nachrichten und versucht alles, ihrer neuen Freundin nahe zu sein. Als es Laura damit zu viel wird und sie Marina wieder aus ihrem Freundeskreis ausschließt, ist Marinas Rache fürchterlich. Vor laufender Kamera erhängt und verbrennt sie sich. Komisch nur, dass nach ihrem Tod ein Freund von Laura nach dem anderen grausam zu Tode kommt, anschließend als neuer Freund auf Marinas immer noch aktiver Facebook-Seite auftaucht und Laura durch geschickte Fremdmanipulation ihres Accounts immer unbeliebter wird. Wird Laura hinter Marinas Geheimnis kommen, bevor ihre Freundschaftsanzahl auf 0 gesunken ist?
UNFRIEND – Kritik
Diese und andere unwichtige Fragen sind nach 92 Minuten Laufzeit glücklicherweise endlich beantwortet. Bis dahin darf man sich mit aufploppenden Nachrichten auf diversen Facebook-Accounts und vorhersehbaren Jump-scares rumschlagen. Diese sind wie üblich effektiv, aber keine Kunst, da sich wohl jeder erschreckt, wenn die Musik nur laut genug gedreht wird und plötzlich wie aus dem Nichts eine Gestalt auftaucht.
Verhoeven gelingt es nicht, typische Horrorklischees zu vermeiden, deshalb fährt er offensichtlich gleich alle auf, die ihm eingefallen sind: Das All-American-Girl, dessen Fehlverhalten vom Bad Girl übel bestraft wird, bis gutes Mädchen sich zur Wehr setzt und dem Bösen den Kampf ansagt; eine Freundesclique bestehend aus Mädchen, die nicht hübscher als die Hauptdarstellerin sein dürfen; dazu männliche und weibliche Quoten-Dicke und die bereits erwähnten plumpen Schockmomente, die mittels billiger Soundeffekte herbeigeführt werden und nicht, weil etwas wirklich überraschend oder gruselig wäre. Und ganz zum Schluss noch ein Schuss Übersinnliches und fertig ist die College-Horrorstory vom Reißbrett, die auch nicht gruseliger wird, weil Verhoeven so supermoderne und coole Ideen hatte, wie das Geschehen teilweise mittels Facebook-Einträgen zu vermitteln. Auch schon wieder out.
Also, „Unfriend“ teilt sich in drei gleichermaßen unspannende Akte: 1. Akt: Protagonisten werden eingeführt – lachende, coole Mädchen mit langen Haaren und kurzen Röcken, alle voll supercool und BFF und ähnlichen Schwachsinn. Alle reden ein bisschen belangloses Zeug und machen dämliche Fotos von sich, die sie dann auf Facebook hochladen. 2. Akt: Die Außenseiterin taucht auf und ist erstmal per se ein bisschen unheimlich, weil immer Kapuze aufm Kopp und allein am Tisch sitzend, blass natürlich, unterwürfig und seltsame Zeichnungen kritzelnd. Mitleidige Annäherung von Supergirl an Mad Missy findet statt, wird allerdings bald lästig, weil…die Alte halt nervt und voll uncool ist. Also Freundschaft kündigen und weiter „Ich hab die Haare schön“ singen. Findet unser Kapuzen-Opfer nicht so dolle und bringt sich lieber um. Und rächt sich dann an Supergirl, Heureka! 3. Akt: Supergirl ist zunehmend verzweifelt, weil ihr die Kumpel buchstäblich unter den Fingern wegsterben und sie immer weniger Freunde auf Facebook hat, OMG! Also wird in Mad Missys Vergangenheit rumgegraben und ein bisschen technischer Schnickschnack am Laptop vorgetäuscht und dann kommt es zum vorhersehbaren Showdown mit noch vorhersehbarerem Epilog. Vorhang.
Die Darsteller versprühen den Elan von ordentlich aufgeschichteten Holzscheiten im Schuppen – und mit ähnlich viel Verve agieren sie auch. Die männlichen Darsteller erschöpfen sich in der Darstellung von hormongesteuerten Twentysomethings, die noch am überzeugendsten sind, wenn sie mal den Mund halten. Sean Marquette gibt den moppeligen Krawall-Klassenclown, William Moseley den besorgten Freund ohne Frisur, Brooke Markham die ebenfalls angemopste Freundin vom Klassenclown. Liesl Ahlers (Südafrikanerin im Übrigen, keine Deutsche) guckt in ihrer ersten Hauptrolle vorrangig düster-devot in der Gegend rum und frönt der ihrer Figur auferlegten Trichotomie, während sie sich nebenberuflich wahrscheinlich als Rooney Mara/Lisbeth Salander-Double noch etwas dazuverdient, und Alycia Debnam-Carey kann halbwegs überzeugend schockiert gucken und…hat die Haare schön.
UNFRIEND – Fazit
„Unfriend“ ist Horror-Dutzendware im „neumodischen“ Facebook-Look. Viel mehr, als das Geschehen teilweise per Facebook-Nachrichten und -bildern zu präsentieren, ist Regisseur Verhoeven nicht eingefallen. Man erschreckt sich nur, wenn es plötzlich laut wird, nicht etwa, weil einen die Wendungen oder Schockmomente wirklich überraschen. Teenager und Twentysomethings können mit dieser plärrigen Inszenierung wahrscheinlich noch etwas anfangen, gestandene (und leidgeprüfte) Horror-Vielseher dürfte „Unfriend“ nicht mehr als ein gelangweiltes Gähnen oder Frust über soviel 0815-Horror der einfallslosesten Art entlocken. Horror auf High School-Niveau für die Generation F. Weil man sich trotzdem ab und an erschreckt, es zumindest eine Handvoll hübsch blutiger Szenen gibt und der Film ordentlich ausgestattet ist, magere vier von zehn Freundschaftsanfragen, die eigentlich niemanden interessieren.
UNFRIEND – Zensur
„Unfiend“ wurde für ein eher jugendliches Publikum konzipiert. Demnach ist das Gezeigte nicht sonderlich brutal. Die erhältliche Heimkinofassung ist ungeschnitten und frei ab 16 Jahren.
UNFRIEND – Deutsche Blu-ray
(c) WARNER HOME VIDEO
TECHNISCHE DATEN
Originaltitel: Friend Request; Deutschland 2015
Genre: Horror, Mystery, Thriller
Ton: Deutsch DTS-HD MA 5.1, Deutsch (Hörfilmfassung) DD 2.0
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte
Bild: 2.35:1 (1080p)
Laufzeit: ca. 92 Min.
FSK: FSK16 (ungeschnittene Fassung)
Verpackung: Amaray mit Wechselcover
Extras: Making-of (ca. 24 Min.), Original Kino Trailer (ca. 1 Min.)
Veröffentlichung: 23.06.2016
Auffällig bei der Ausstattung der Blu-ray ist, dass es keine englische Tonfassung gibt. Für einen englischsprachigen Film eine etwas seltsame Wahl. Darüber hinaus sind die Extras für die qualitativ höherwertige und teurere Blu-ray: Es gibt ein Making-of und den Trailer des Films. Musik und Dialoge wurden zudem schlecht aufeinander abgestimmt. Die Stimmen sind zu leise, die Musik zu laut. Am Bild hingegen gibt es nichts zu Meckern – scharf, kontrastreich, farbintensiv.
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UNFRIEND – Trailer
MissVega
(Mehr Kritiken von MISSVEGA gibt es hier zu lesen)
(Die Rechte aller verwendeten Bilder und fürs Packshot liegen bei WARNER HOME VIDEO)
Ähnche Filme:
Unknown User (2015)
Das klingt so nach Unknown User…und den fand ich auch nicht so klasse…gut zu wissen, dass einen hier etwas ähnliches erwartet…da werde ich dann wohl dran vorbei gehen…
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