Filmkritik: „Kill Chain“ (2019)

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KILL CHAIN

Story

 
 
 

Ein erfolgloser Hotelbesitzer trifft in einer Nacht voller Gewalt auf mehrere kriminelle Banden, die alle einem Koffer voller Geld, ihrer persönlichen Vendetta und einem mysteriösen Mittelsmann hinterherjagen.

 
 
 


 
 
 

KILL CHAIN – Kritik

 
 
 
Es stimmt leicht traurig, es sich nach Großerfolgen wie „The Rock“ oder dem fantastisch spielfreudigem „Face/Off“ eingestehen zu müssen, doch wie auch Bruce Willis hat Charakterdarsteller Cage es mit C-Movie-itis erwischt, da der mehrfache Villenbesitzer, Kunstsammler und einst groß gefeierte Filmstar in den letzten Jahren wohl gut daran tut, jeden Job anzunehmen, seine Schulden auszugleichen. Talent ist zweifelsohne da, was bei visionären Projekten wie „Mandy“ auch immer wieder herausgekitzelt wird, spielen KANN Cage, nur die Motivation, sich wirklich um den Film oder Charakter zu kümmern, ist leider immer seltener ersichtlich. Und somit wären wir also bei „Kill Chain“, einem neuen Gangsterthriller von Ken Sanzel, den aufmerksame Genrefans schon als Produzent, Schreiberling oder Regisseur anderer Crime-Filme der 2000er kennen könnten, dessen letztes Regiewerk hiervor „The Gunfighters: Blunt Force Trauma“ darstellt. Legt man die deutsche Blu-ray rein, wird man mit zwei Trailern begrüßt, bevor das simple, rot-bläulich gehaltene, aber zweckdienliche und recht schicke Menü einen mit einer gitarrenlastigen 70s-Eurocrime-Spion-Score begrüßt, die auch direkt von The Iron Horse stammen könnte. Kapitelnamen gibt’s keine, auch englische Untertitel leider nicht, then again dürften diese bei wenig philosophischen, knackigen 90 Minuten Genreunterhaltung auch nicht weiter nötig sein, oder?
 
 
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Drohnenaufnahmen einer nächtlichen Großstadt leiten in den Film ein, begleitet von einem dumpfen Bass, dessen Verlauf zunehmend leicht an die 80s erinnert, zu dieser schicken Neon-Ästhetik gesellen sich alsbald Lederjacken tragende Gangster, die sich unruhig umschauen und vermehrt blinzeln, was unbedarftes Schauspiel, aber auch charakterisierenden Drogenkonsum signalisieren kann. Eine blutige, halbnackte Schönheit sowie ein leider allzu nuschelnder Nic Cage, der Wörter verschluckt als hätte er seinen Bart im Mund, bringen dann nach einigen Minuten Licht ins Dunkel, da man sich sowohl genretechnisch langsam zu orientieren weiß, – femme fatales, kaputte, alte Hotels, grimmige, bewaffnete Charaktere – als auch inhaltlich. Die beiden Typen, von denen der jüngere allzu peinlich spielt, sind Auftragskiller, und wollen Nic Cage umlegen – dieser erzählt aber noch eine letzte Story und somit dürfen nun todhässliche Opening Credits durchlebt werden, die mit einem Krankheits/“irgendwas krabbelt unter der Haut“-Filter à la Cabin Fever unterlegt sind, was inhaltlich so gar nicht passen will. Szenenbilder in bunten Farben, Gejauchze über country-mäßigen E-Gitarren, dann wirklich ein unpointiertes Fade-Out – völlige Abschreckung ist anders, die Opening Signals von „Kill Chain“ sind allerdings wirklich nicht allzu einladend.
 
 
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Was sich in den nächsten ~85 Minuten entpuppen soll, und auch von Sanzel im Interview erklärt wird, ist nun jedenfalls die Tatsache, dass die ganze Grundidee von „Kill Chain“ eben auf dieser angerissenen Ausgangssituation im Hotel basiert und der Titel zudem nicht von ungefähr kommt, da man als Zuschauer nun in der Tat einer bisweilen minimal verwirrenden, prinzipiell aber simplen und sehr geradlinigen Kette von Ereignissen folgt, die eben zu besagtem Intro geführt haben. Das hat den Vorteil, dass man sich settingtechnisch austoben konnte, da die Episoden kaum miteinander verbunden sein müssen was den Handlungsort oder den Charakter belangt, dafür aber den Nachteil, dass die einzelnen Szenen, Episoden, Kurzfilmkonzepte und Ideen teils besser klappen, als das große Ganze – „Kill Chain“ ist weniger effektiv, als die Summe seiner Einzelteile. Diese sind dafür aber durchaus lobenswert, auch wenn der Anfang mich wenig packen konnte: So starten wir mit einem älteren Scharfschützen und seinen privaten Problemen/Gesprächen im Kontrast zu seinem Job, nur dass Enrico Colantoni die seit Pulp Fiction bereits x-mal durchgekaute Thematik nicht sonderlich spannend spielt und eher die recht interessanten Noir-Digitaloptik punkten kann. Es gibt in diesem Setting/Part des Films recht schnell etwas Spannung und Grund zum Mitfiebern, dazu Brüste und nette Bilder, doch das Verhalten des Protagonisten bleibt schlußendlich wenig nachvollziehbar, zumal fragt man sich zu dem Zeitpunkt schon, wo genau der Zusammenhang zum Rest nun sein soll. Memetauglich peinliches Schauspiel kommt häufig bei emotionalen Ausbrüchen hoch, so auch hier, dafür entschädigt dieses, mit rund 20 Minuten etwas zu lange, Intro mit gutem Editing und gequält anschwellenden E-Gitarren im richtigen Moment.
 
 
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Ähnlich episodenhaft und ohne jeden Nicolas Cage-Faktor geht es dann auch weiter, denn nachdem die ganze Zeit in einem Raum verbracht wurde, geht es nun in das noch klaustrophobischere Setting eines Autos, in dem ein frisch gefangen genommener Killer versucht, seine korrupten Kidnapper gegeneinander auszuspielen. Erneut eine oft so oder so ähnlich gesehene Szene, dafür aber diesmal ziemlich knackig kurz, überraschend, exzellent getrickst, gut genug gespielt von allen Beteiligten und zudem mit einem geradezu lynchesquen Soundtrack versehen, der die nächtliche Hetzjagd ein gutes Stück atmosphärischer macht. Gerade Eddie Martinez weiß in diesem Segment zu glänzen und gibt eine manipulative, spielfreudige Performance ab. Setting 3 kann man dann mit „Bunte Fabrik mit Action“ beschrieben werden, wobei erstere hier leider eher an ein Musikvideo, denn an „Evil Dead Trap“ oder ähnlich Argento-inspirierte, expressionistische Werke erinnert, auch ist die eigentliche Schießerei oft Offscreen oder verwackelt – als komödiantisches Highlight gibt es dafür eine lächerliches „Verstecken im leeren Raum“ sowie flüchtende Untertitel, die den Gang entlangfliegen wie in einer 2000s-Moviemaker-Montage von Omas Urlaubsvideos. Loben muss man das mutige Pacing und nun hohe Tempo dennoch, zumal erstmalig, endlich wieder Charaktere aus dem Hotel-Setting auftreten, die für Verlaufsspannung sorgen. Der Stereotyp des oberkörperfreien, MG-tragenden Amis wird in Zeitlupe persifliert und zeigt wie verspielt und selbstbewusst überzeichnet der Film teilweise ist, nach einer sexy Autofahrt mit extrem seichtem Seufz-Soundtrack geht es nach etwa der Hälfte des Films auch endlich in das Anfangssetting und Cage darf zeigen, was er noch kann – oder will.
 
 
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Die enttäuschende Antwort lautet erstmal nur „Gerade genug“, denn während Anabelle Acosta sich als sehr guter Cast erweist und eine lebhafte, sinnliche Performance abgibt, grummelt Cage stattdessen irgendwas in seinen Bart, den er auch zu häufig kratzt, wenn er nicht gerade mit seiner Brille spielt. Fingerpistolen und kurzes Rumschreien nach dem Shot mahnen an die Eigenarten, die Fans so sehr lieben, doch wirklich aus sich rauskommen tut Nicolas zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Trotz Klischee-Lines à la „Everyone has bad dreams“ oder Beobachtungen wie „You have the hands & face of a violent man.“ ist der Dialog hierbei aber recht reizvoll und solide geschrieben, natürlich folgt der obligatorische Beischlaf mit Herrn Cage, doch die stilsichere Inszenierung mit ruhiger Handkamera, elliptische Erzählung abseits von Sexszenen-Klischees und die entspannte Lounge-Musik lassen selbst diese Szenen nicht zur Geduldsprobe verkommen. Wenn nach etwa einer Stunde Film wie erwartet die Antagonisten wiederkommen, der dritte Akt eingeläutet wird, die letzte halbe Stunde beginnt und die erste Szene narrativ erreicht wurde, lädt sich dank eines treibenden Soundtracks noch einmal Spannung auf, die durch blutige, kaltschnäuzige Kills und eine recht clevere Szene, die erneut an einen Kurzfilm erinnert, befriedigend entfesselt wird. Zugegeben, der Dialog wird zunehmends unnatürlich/realistisch und erkennbar filmisch, auch wird eine eigentlich so ruhige Stelle zu nervig gefilmt/verschnitten und scheinbar wurde zu spät bemerkt, dass man noch notdürftig eine relativ lange Backstory einfügen muss – doch durch gelungene Rekontextualisierungen erzählter Infos, eine emotionaler, offener und besser werdende Performance von Nicolas Cage, kreative und schicke Winkel, sowie teils wuchtige Waffensounds ist für Kurzweil und Unterhaltung allemal gesorgt. Diesem 88-minütigen Gangsterfilm ein allzu gewollt emotionales Ende mit Klischeemusik und Subplottwists aufzudrücken war vielleicht nicht die beste Idee, erst recht nicht wenn reine Noir-Charakternamen wie „The woman in red“, „The mean assassin“ etc. in den Credits direkt anzeigen, wie wenig ernst man diesen Film doch eigentlich nehmen sollte, aber abseits davon wird man doch tatsächlich mit einem Lächeln aus seiner Filmerfahrung entlassen – was bleibt also noch zu sagen?
 
 
 


 
 
 

KILL CHAIN – Fazit

 
 
7 Punkte Final
 
 
„Kill Chain“ ist teilweise unterhaltsam grimmig, schick, modern, lebendig, kreativ gefilmt und wirkt wie eine minimalistischere, amerikanische Version des wirklich guten „Cat Run“s, gleicht mit mutig expliziten, super handgetricksten Effekten stellenweise einer brutalen tour de force und kann durch seine audiovisuelle Komponente immer wieder die Muskeln spielen lassen, gleichzeitig handelt es sich aber auch um einen sehr simplen, überschaubaren, belanglosen Film. Genrefans mit Lust auf eine relativ interessante Erzählstruktur, versierten Aufnahmen, punktuell spannende Konfrontationen und eine teils witzige, später unironisch gelungene Nic Cage-Performance können sich den Spaß auf jeden Fall genehmigen, explizit für seine Rolle oder mit Erwartungen an einen groß budgetierten Hollywood-Reißer sollte man aber nicht an den Film herantreten.
 
 
 


 
 
 

KILL CHAIN – Zensur

 
 
 
„Kill Chain“ hat von der FSK eine Freigabe ab 18 Jahren erhalten. Diese Fassung ist ungeschnitten. Action- und Thrillerfans können bedenkenlos zugreifen.
 
 
 


 
 
 

KILL CHAIN – Deutsche Blu-ray

 
 
 
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(c) CONCORDE HOME ENTERTAINMENT

 
 
 

TECHNISCHE DATEN


Originaltitel: Kill Chain; USA 2019

Genre: Action, Thriller

Ton: Deutsch DTS-HD MA 5.1, Englisch DTS-HD MA 5.1, Deutsch DD 2.0

Untertitel: Deutsch

Bild: 1.85:1 | @23,976 Hz

Laufzeit: ca. 88 Min.

FSK: FSK16 (ungeschnittene Fassung)

Verpackung: KeepCase ohne Wechselcover

Extras: Kinotrailer

Release-Termin: 27.12.2019

 

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KILL CHAIN – Trailer

 
 


 
 
 

Dr. Barry Nyle

(Rechte für Abbildungen stammen von CONCORDE HOME ENTERTAINMENT)

 
 
 
Ähnche Filme:
 
The Baytown Outlaws (2012)
 
Cat Run (2011)
 
Motel Room 13 (2014)
 

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