Filmkritik: „Harpoon“ (2019)

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HARPOON

Story

 
 
 

Drei Freunde stranden mit dem Boot auf offenem Meer und gehen sich gegenseitig an die Gurgel.

 
 
 


 
 
 

HARPOON – Kritik

 
 
 
Der Mensch ist schon ein unberechenbares Individuum. Eigentlich ist er ganz umgänglich und benimmt sich zivilisiert. Setzt man ihn aber Extremsituationen aus, kommen Züge zum Vorschein, die das Tier im Menschen entfachen. Ein gefundenes Fressen für Macher von Horrorfilmen. Die nutzen den menschlichen Überlebenswillen, um daraus ungemütliche Schocker zu machen. Da wird eine Gruppe von Leuten ganz unvorbereitet mit psychologischen Stress konfrontiert und soll über das eigene Schicksal entscheiden. Leben oder Sterben? Die Folgen sind nicht immer leicht zu verdauen. So werden plötzlich aus gesitteten Bürgern blutrünstige Bestien, die über Leichen gehen und nur ein Ziel kennen: der fatalen Situation entkommen, sich selbst in Sicherheit bringen und irgendwie überleben. Entstanden sind so Filme, die den Zuschauer den Schweiß auf die Stirn getrieben haben. Darunter Werke wie CUBE, OPEN WATER oder DAS EXPERIMENT. Auch Regisseur ROB GRANT mag offenbar Extreme. Der verfrachtet drei junge Leute auf ein Boot, bringt seinen Figuren in Seenot und schaut zu, was passiert. Entstanden ist ein hundsgemeiner Überlebenstripp mit bitterbösem Verlauf, der trotz begrenztem Schauplatz einige unerwartete Überraschungen zu bieten hat.
 
 
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Wie gut kennst Du eigentlich Deine Freunde? Eine Frage, die sich auch die drei Protagonisten in HARPOON stellen müssen. Darin lädt der cholerisch veranlagte Richard Freundin Sasha und den besten Freund Jonah zu einem Segelturn auf der Privatjacht des Vaters ein. Doch die Stimmung ist angespannt. Richard ist wütend. Der glaubt nämlich, dass seine Angebete was mit dem besten Kumpel am Laufen hat. Kaum das Boot gestartet, eskaliert die Situation. Es kommt zum Streit und die Freunde gehen sich an die Gurkel. Ein paar Keilereien später sind alle Gegenstände über Bord, die irgendwie dafür verwendet werden könnten, sich gegenseitig wehzutun. Nun kann Tacheles geredet werden. Dumm nur, dass plötzlich der Motor der Yacht streikt und eine Weiterfahrt unmöglich ist. Da treibt man nun auf dem offenen Meer umher und hofft auf Hilfe. Leider hat man im Streit das Funkgerät zerschlagen und Vorräte sind Mangelware. Dass da die Stimmung im Keller ist, dürfte nachvollziehbar sein.
 
 
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Hallo Wahnsinn! HARPOON wurde als schwarze Komödie konzipiert. Doch das Lachen bleibt schnell im Halse stecken. Drei Unsympathen kämpfen hier ums Überleben und gegen Agressionen. Dabei sind sie dem zynischen Gedankengut von Drehbuchautor und Regisseur ROB GRANT ausgeliefert, der alles daran tut seine Antihelden möglichst hinterlistig zu quälen. Was eigentlich als enspannter Ausflug unter Freunden geplant war, wird schnell zum Albtraum. Eh man sich versieht werden Freunde zu Feinden. Dabei lässt HARPOON bereits in den ersten Filmminuten erahnen, dass diese Seefahrt alles andere als idyllisch werden wird. So schlagen sich die Freunde gleich zu Beginn wegen Nichtigkeiten die Nasen blutig. Wieder zu Sinnen gekommen, muss man feststellen, dass alles nur ein Mißverständnis war. Eine sonderbare Art von Freundschaft – aber immerhin gute Vorraussetzungen, um Spannungen zu schaffen.
 
 
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Die tragen auch bald Früchte. Regisseur ROB GRANT fakelt nicht lang. Nach knapp zehn Minuten ist man schon auf See und die Ereignisse nehmen ihren Lauf. Permanentes Mißtrauen, allgegenwärtige Aggressivität. Schon bald fliegen die Fetzen und es eskaliert – mal wieder. Doch was kommt danach? HARPOON lässt sich nicht durchschauen. Der Film thematisiert menschliche Abgründe und hält den Zuschauer mit immer wieder neuen Wendungen in Schach. Das macht diese kanadische Produktion interessant, die sich immer wieder neue makabere Ideen einfällen lässt, um das Interesse des Publikums für sich beanspruchen zu können und die Figuren an ihre Grenzen zu bringen. Weil letztere alles andere als zugänglich sind, fehlen Identifikationsmöglichkeiten. Was in anderen Filmen ein großes Problem darstellt, kommt HARPOON zugute. Wegen mangelnder Sympathien kann der Zuschauer das Treiben nämlich mit Distanz beobachten. Der bekommt zu sehen wie sich naive und hormongesteuerte Menschen wegen Belanglosigkeiten gegenseitig das Leben schwermachen. Eine gewissen Schadenfreude lässt sich da nicht vermeiden.
 
 
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HARPOON – Fazit

 
 
 
7 Punkte Final
 
 
 
Zynisches Thriller-Stück mit tiefschwarzem Humor, das nicht viel braucht, um eine Bootsfahrt zum ultimativen Terrortrip umzufunktionieren. In diesem Film wird ein Boot für drei junge Menschen zum Gefängnis. Die treiben auf hoher See und kommen nicht mehr zum Festland zurück. Da ist klaustrophobische Stimmung vorprogrammiert, die zusätzlich noch durch zwischenmenschliche Spannungen verstärkt wird. HARPOON besitzt viele unvorbereitete Überraschungen, um die Spannung voranzutreiben. Neben plötzlichen Wendungen gibt es aber auch reichlich Lebenssaft zu sehen, um ebenfalls Horrorfilmfans zufriedenstellen zu können. Das hat man aufgrund der überschaubaren Handlung nicht unbedingt kommen gesehen. Ordentlicher, kleiner Thriller!
 
 
 


 
 
 

HARPOON – Zensur

 
 
 
Ein paar Schauwerte hat HARPOON schon. Ein Gegenstand bohrt sich durch eine Hand, man trinkt Blut von toten Vögeln und ein Protagonist holt sich eine Blutvergiftung. Die Folgen sind eklig anzuschauen. HARPOON hat dennoch eine Erwachsenenfreigabe in ungeschnittener Form erhalten. Auf der deutschen Veröffentlichung ist ein roter FSK-Sticker zu finden.
 
 
 


 
 
 

HARPOON – Deutsche Blu-ray

 
 
 
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(c) Koch Films (KeepCase Blu-ray)

 
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(c) Koch Films (Mediabook – Cover A)

 
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(c) Koch Films (Mediabook – Cover A)

 
 

TECHNISCHE DATEN


Originaltitel: Harpoon; Kanada 2019

Genre: Thriller, Horror

Ton: Deutsch DTS-HD MA 5.1, Englisch DTS-HD MA 5.1

Untertitel: Deutsch

Bild: 1.78:1 (1080p) | @23,976 Hz

Laufzeit: ca. 82 Min.

FSK: Keine Jugendfreigabe (ungeschnittene Fassung)

Verpackung: Mediabook | KeepCase mit Wechselcover

Extras: Deleted Opening,
Deleted Scenes, Behind the Scenes, B-Roll, Psychedelic Directors Commentary, Crew Commentary, Trailer, Bildergalerie | zusätzlich im Mediabook: Film auf DVD + Booklet

Release-Termin: Mediabook + KeepCase: 24.09.2020

 

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HARPOON – Trailer

 
 


 
 
 

Marcel Demuth

(Rechte für Grafiken liegen bei Epic Pictures Group | Koch Films)

 
 
 
Ähnche Filme:
 
Open Water (2003)
 
Open Water 2 (2006)
 
Hunger (2009)
 

Filmkritik: „The Lodgers“ (2017)

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THE LODGERS

Story

 
 
 

Im Keller eines irischen Anwesens passieren komische Dinge. Die Bewohner des Hauses machen aber darum ein Geheimnis und spannen das Publikum so auf die Folter.

 
 
 


 
 
 

THE LODGERS – Kritik

 
 
 
Im Jahr 2014 sorgte Regisseur BRIAN O’MALLEY für Furore. Mit seinem Langfilmdebüt LET US PREY bewies der Ire, dass auch Irland Splatter kann und räumte auf einschlägigen Filmfestivals Lob und Preise ab. Wer jetzt aber denkt, dass sich der Filmemacher in eine Schublade pressen lässt und Filme nach immer gleicher Machart fabriziert, irrt gewaltig. Statt erneut Blut-Chaos zu inszenieren, macht der Regisseur für den zweiten Spielfilm eine Kehrtwende. Im Falle von THE LODGERS heißt das: Schluss mit Blut und expliziter Gewalt, hin zu ruhigeren Tönen und gepflegtem Schauer alter Schule. Damit macht er allen Fans altmodischen Gruselhorrors eine Freude, die es eher subtil und zurückhaltend bevorzugen. Doch, ob die Rückkehr zum traditionellen Gruselhandwerk so eine gute Entscheidung gewesen ist? Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein Filmemacher beim klassischen Angstmachen übernimmt, der bisher eher durch handfeste Splatter-Raffinessen aufgefallen ist. Wir klären auf!
 
 
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Eine atmosphärische Schauererzählung alter Schule: Auf einem irischen Landsitz geht es nicht mit rechten Dingen zu. Dort leben die Zwillinge Rachel (CHARLOTTE VEGA) und Edward (BILL MILNER) allein ohne Eltern und haben sich an feste Regeln zu halten. So müssen beide vor Mitternacht in ihren Zimmern sein und kein Fremder darf das Heim betreten. Auch ist ein Verlassen des verwachsenen Grundstücks nicht erlaubt, was die ältere der beiden Jugendlichen aber nicht davon abhält, die Welt außerhalb zu erkunden und sich in den Händlersohn Sean zu verlieben. Doch der Regelverstoß hat Konsequenzen. Offenbar treibt etwas Böses im Keller des Hauses sein Unwesen und wagt sich erst dann aus seinem Versteck, wenn die beiden Waisen den Regeln folgen und um Null Uhr in ihren Betten liegen. Leider plant Rachel bald ein Leben außerhalb der modrigen Behausung, was das Böse im Keller gar nicht für gut heißt. Doch was verbirgt sich hinter dem schaurigen Familiengeheimnis? Um die Antwort darauf zu erhalten, muss man sich bis zum Ende gedulden.
 
 
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Ein altes Herrenhaus, minimalistische Beleuchtung und Gothic-Horror-Gruselatmosphäre, die an die Werke des EDGAR ALLAN POE erinnert. THE LODGERS bringt gute Voraussetzungen mit, um dem Zuschauer das Fürchten zu lehren. Alles dreht sich hier um ein mysteriöses Erbe, was die beiden Hauptdarsteller antreten müssen, aber nicht wollen. So lastet ein unheimlicher Familienfluch auf den Geschwistern, über dessen Hintergründe jedoch geschwiegen wird. Leider ist die Geheimniskrämerei gleichzeitig Fluch und Segen. Natürlich möchte man gern wissen, was da im Keller haust und täglich nach dem Rechten sieht. Doch die Ergründung der mysteriösen Vorkommnisse beansprucht viel Zeit, was nichts für jene ist, die es schnell und hektisch mögen. Regisseur BRIAN O’MALLEY geht es ruhig an und verteilt immer nur kleine Anhaltspunkte, um die Hintergründe über ein Familiengeheimnis möglichst lang verborgen zu halten. Das mag in hektischen Horrorfilmzeiten durchaus löblich sein, gestaltet sich aber im Falle von THE LODGERS äußerst schwerfällig, weil man viel unnützes Füllmaterial verwendet, um eine kleine Geschichte auf Spielfilmlänge bekommen zu können. Da werden regelmäßig surreale Visionen eingespielt, die nichts Gutes verheißen. Zudem ist immer wieder Wasser zu sehen, das vom Boden an die Decke tropft. Das künstliche Hinauszögern mit bedeutungsschwangeren Szenen und visuellen Metaphern überstrapaziert die Geduld des Zuschauers, der zwar mit schaurigen Bildern vertröstet wird, aber sich zu recht bald fragt, wann man denn hier langsam zum Punkt kommt. So schön THE LODGERS auch aussehen mag; in diesem Film passiert einfach nicht viel. Zu oft hat der Zuschauer mit Durststrecken zu kämpfen und wird am Ende nicht einmal dafür entlohnt. Die Auflösung ist nicht sonderlich spektakulär und auf einen Twist hat man gänzlich verzichtet. Angesichts des riesigen Tamtams, der hier veranstaltet wird, sind die Erklärungen für den Spuk dann doch sehr enttäuschend. Da hat man schon bessere Old-School-Gruselei auf dem Bildschirm gehabt. Der britische THE AWAKENING sei an dieser Stelle erwähnt.
 
 
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THE LODGERS – Fazit

 
 
 
5 Punkte Final
 
 
 
Visuell ansprechendes Gothic-Horrormärchen mit inhaltlichen Schwächen. Hier gilt das Sprichwort: außen hui, innen pfui. THE LODGERS schaut wirklich gut aus. Die schaurige Optik lässt auf gruselige Unterhaltung hoffen und die auf Hochglanz polierten Bilder ziehen schnell in den Bann. Doch die visuellen Raffinessen sind nur Blender. Bis auf seine Auflösung hat der Film kaum Substanz. Die ist nämlich hier gleichzeitig der Höhepunkt und fällt doch enttäuschend aus. Kein raffinierter Twist, kein kreatives CGI-Monster, keine Blutexzesse. Stattdessen surreale Erklärungsversuche, die kein Zuschauer ernst nehmen kann. Da will man die teilweise unbeholfen agierenden Hauptdarsteller tröstend in den Arm nehmen. Deren Charaktere werden zugunsten der gruseligen Bilderflut und einer zwanghaft auf poetisch getrimmten Auflösung vernachlässigt. Da wäre weitaus mehr möglich gewesen. Immerhin: Für Gothic-Horror-Fans einen Blick wert – erwarten sollte man aber nichts.
 
 
 


 
 
 

THE LODGERS – Zensur

 
 
 
Gewalt gibt es im Film eigentlich kaum zu sehen. Ein Gegenstand wird durch eine Hand gejagt, ein älterer Herr wird ermordet und in den Keller geworfen. Weiterhin ertrinkt eine der Filmfiguren und ein anderer Charakter wird erstochen. Die Gewalt-Handlungen werden dabei nicht zeigefreudig zelebriert, sondern passieren im Off oder die Kamera blendet weg. Hierzulande dürfte es für THE LODGERS daher eine FSK16 geben.
 
 
 


 
 
 

THE LODGERS – Trailer

 
 


 
 
 

Marcel Demuth

(Rechte für Grafiken liegen bei Epic Pictures)

 
 
 
Ähnche Filme:
 
The Others (2002)
 
Marrowbone (2017)
 
The Awakening – Geister der Vergangenheit (2011)
 
Die Frau in Schwarz (2012)
 

Filmkritik: „Nina Forever“ (2015)

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NINA FOREVER

Story

 
 
 

Sonnenschein Nina ist hartnäckig, denn trotz Motorradunfall mit tödlichem Ausgang taucht sie als Geist auf, um Ex-Freund Rob zu überraschen. Der ist über den unangemeldeten Besucher überhaupt nicht erfreut, taucht die Verflossene immer dann auf, wenn er gerade Sex hat.

 
 
 


 
 
 

NINA FOREVER – Kritik

 
 
 
Wir von FILMCHECHER haben in der Vergangenheit schon reichlich sonderbares Zeug besprochen und sind immer wieder überrascht, dass es vor allem vielen Newcomern gelingt mit unkonventionellem Horrorfilmen für Furore zu sorgen. Das dürfte auch für NINA FOREVER gelten, der immerhin schon viele Kinogänger entzückt haben soll, die sich mit Vorliebe auf Filmfesten tummeln, auf denen absurde Kuriositäten fernab kommerziellem Kino-Blödsinns gezeigt werden. Aus England stammt genannter Indie-Hit, der sich – wie hätte es auch anders sein sollen – mit typisch britischem Humor einem Thema widmet, das wohl schon jeder in seinem Leben mehr oder weniger durchlebt haben dürfte. Der Streifen erzählt von Schwierigkeiten die Ex aus dem Kopf des Partners zu bekommen, der trotz neuem Liebesglück mit der alten Beziehung nicht endgültig abschließen kann. Entstanden ist ein morbides aber gleichzeitig melancholisches Kammerspiel, das sich irgendwo zwischen NEKROMANTIK und SPRING bewegt und trotz ernster Problematik mit allerhand Wortwitz für einige Schmunzler sorgt.
 
 
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NINA FOREVER handelt von der 19-jährigen Holly (ABIGAIL HARDINGHAM), die sich gerade zum Sanitäter ausbilden lässt und nebenbei in einem Supermarkt an der Kasse jobbt. Wie das Schicksal so will, lernt sie genau dort die erste, große Liebe kennen und landet prompt mit dem geheimnisvollen Rob (CIAN BARRY) im Bett. Leider endet das Schäferstündchen anders als erwartet, denn im Rausch der Triebe liegt plötzlich eine blutverschmierte Schönheit (FIONA O’SHAUGHNESSY) mit im Bett und beobachtet das Paar beim Liebesspiel. Nach anfänglicher Irritation klärt Rob auf. Bei der Frau handelt es sich um die Ex, die bei einem Motorradunfall ums Leben kam. Weil die Beziehung nie beendet wurde, erscheint die Tote immer dann, wenn sich der Liebste mit anderen Frauen vergnügt. Was anfänglich Probleme bereitet, wird bald zur Normalität. Weil die schüchterne Holly bis über beide Ohren verliebt ist, versucht sie mit der ungewöhnlichen Situation umzugehen. Leider stößt sie damit bald an ihre psychischen Grenzen.
 
 
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Eine Geschichte über Verlust, Trauer und dem (Nicht-)Loslassenkönnens. Hinter dem Horror-Drama stecken zwei Brüder, die mit ihrem Debütwerk eigene Erfahrungen verarbeiten, die als Inspirationsgrundlage gedient haben sollen. BEN und CHRIST BLAINE wollten nach eher erheiternden Kurzfilmen endlich mal einen Spielfilm machen, der eine andere Richtung einschlägt. Kurzum verknüpften sie Horror mit Humor und gewannen mit dem grotesken Genre-Mix auf einschlägigen Filmfestivals viele Preise. So wurde der Streifen auch auf dem FANTASY FILMFEST 2015 gezeigt, wo die schwarzhumorige Liebesromanze von Zuschauer gelobt wurde und sich innerhalb kürzester Zeit zum Indie-Geheimtipp entwickelte. Mit KICKSTARTER hatte alles angefangen. Wie wir bereits in einigen Kritiken zuvor mehrfach berichtet haben, ist die Finanzierung von Horrorfilmen durch Crowdfunding ein lohnendes Geschäft geworden. Auf Crowdfunding-Plattformen werden Zuschauer selbst zum Produzenten und spenden kleines Geld, damit interessante Filmprojekte gestartet werden können. Für viele Hobby-Regisseure ein interessantes Experiment, die nicht selten mit dem Publikum als Geldgeber den Sprung in die Liga nennenswerter Horrorfilmemacher geschafft haben.
 
 
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Wer aber meint, dass NINA FOREVER blutiges Splatter-Theater geworden ist, wird enttäuscht. Vielmehr ist NINA FOREVER eine mit Humor angereicherte, groteske Dreiecks-Geschichte, die dann doch mehr Drama ist, als blutrünstiger Horror. Statt Grausamkeiten zu bebildern, erforschen die beiden Regisseure die fragile Gefühlswelt ihrer Protagonisten und versehen die bizarre Handlung mit überraschend viel Tiefgang. Oftmals bleibt es wortkarg. Dafür sprechen Bilder Bände. So machen die Blaine-Brüder in Schlüsselsequenzen von Parallelmontagen Gebrauch, um die Verzweiflung zweier Menschen zu bekräftigen, die alle unternehmen, damit sie Vergangenes hinter sich lassen können. Leider hat auch NINA FOREVER mit einigen Problemchen zu kämpfen. Auch wenn die Idee zum Film originell ist und die Schauspieler für Low-Budget-Verhältnisse überzeugend agieren, stört ein wenig die unentschlossene Pendelei zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit. Gerade dann, wenn der ohnehin gemächlich erzählte Streifen an Fahrt gewinnt wird der Erzählfluss durch Ninas schwarzhumorige Besuche ausgebremst. Zudem wirkt der Streifen gerade ab der Halbzeit ziellos und füllt die Handlung mit immer wieder gleichen Szenenverläufen – vermutlich damit Filmlänge erreicht werden kann. So sieht der Zuschauer stets gleiche Abläufe, in denen die Helden Sex haben und dabei von der zynisch plappernden Nina überrascht werden. Demzufolge braucht es knapp 90 Minuten, bis die Macher Stellung beziehen und zu einem Schluss kommen – auch wenn der nicht jedem Zuschauer zusagen dürfte.
 
 
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Nichtsdestotrotz sollte man NINA FOREVER eine Chance geben. Gerade wegen seiner unkonventionellen Machart und den hervorragenden Schauspielern dürfte der Film vor allem Liebhabern filmischer Kuriositäten Herzklopfen bescheren. Wer es deftig mag, sollte aber Abstand halten. Auch wenn NINA FOREVER einen übel zugerichteten Geist, viel nackte Haut und irritierende Sex-Szenen besitzt, die der Horror-Romanze einen nekrophilen Touch verleihen, bleiben harte Schauwerte aus. Das ist aber auch gut so, schließlich versuchen sich Filmemacher seit Jahren mit Filmgewalt zu überbieten, vergessen dabei aber gute Geschichten zu erzählen. Letztere hat NINA FOREVER definitiv. Horrorfans mit Anspruch und Vorliebe zum Arthaus dürfte das freuen.
 
 
 


 
 
 

NINA FOREVER – Fazit

 
 
 
7 Punkte Final
 
 
 
Morbide, melancholisch, schwarzhumorig und absurd. Der etwas andere Liebesfilm, den man der Liebsten zum Valentinstag schenken kann. NINA FOREVER ist kurioses und unkonventionelles Nischenkino mit Ecken und Kanten, das vor allem Horrorfans mit Anspruch und Vorliebe zum Arthaus viel Freude bescheren wird. Ein zu Recht auf Filmfesten gefeierter Geheimtipp, dem man unbedingt eine Chance geben sollte.
 
 


 
 
 

NINA FOREVER – Zensur

 
 
 
Wegen der freizügigen Sexszenen wird NINA FOREVER eine FSK16 erhalten. Gewalt gibt es im Film bis auf eine verletzten Hand nicht zu sehen. Der Lebenssaft der gezeigt wird fließt aus der toten Nina heraus, die sich bei einem Motorradunfall schwer verletzt hat. Als Geist taucht sie immer wieder mit gleichem Unfallwunden auf und räkelt sich mit Vorliebe auf weißen Bettlaken, die das Filmpaar regelmäßig wechseln müssen.
 
 
 


 
 
 

NINA FOREVER – Trailer

 
 


 
 
 

Marcel Demuth

(Rechte für Abbildungen liegenb bei EPIC PICTURES GROUP)

 
 
 
Ähnche Filme:
 
Weg mit Ex (2014)
 
Life After Beth (2014)
 
Spring (2014)