Filmkritik: „Im Bann des Kalifen“ (1979)

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IM BANN DES KALIFEN

(ARABIAN ADVENTURE)

Story

 
 
 
Der böse Kalif Alquazar (Christopher Lee) hält seine Seele in einem Spiegel gefangen. Das Einzige, was ihn jetzt noch besiegen kann, ist die magische Rose von Elil. Also rekrutiert Alquazar den Abenteurer Hasan (Oliver Tobias), der behauptet, ein Prinz zu sein, um die Rose von Elil zu beschaffen, und verspricht Hasan im Gegenzug die Hand von Prinzessin Zuleira (Emma Samms). Zusammen mit dem jungen Schurken Majeed (Puneet Sira) und seinem Hausaffen kämpft Hasan gegen die Gefahren auf der Insel Elil, um die Suche zu vollenden, nicht ahnend, dass am Ende nur Alquazars Verrat auf ihn wartet.
 
 
 


 
 
 

IM BANN DES KALIFEN – Kritik

 
 
 
Besonders zufrieden zeigt sich der moderne Konsument, wenn das erworbene Produkt den präsentierten Eigenschaften entspricht: Das Knuspermüsli gilt als gelungen, wenn es ordentlich knuspert, der Frischkäse, wenn er frisch schmeckt und der Schokoriegel, naja, is klar. Ganz ähnlich sieht es in unserer Unterhaltungsindustrie aus: Niemand möchte in einem Action-Blockbuster Arnold Schwarzenegger in High Heels und rosa Strapsen auf einer Demo für Geschlechtsumwandlungen sehen. Andersherum sollten weder Barbie noch Bibi Blocksberg bei ihrem nächsten Auftritt, mit Maschinengewehren ein Schulmassaker veranstalten um für die National Rifle Association zu werben. Nun können Filminhalte, im Gegensatz zum Knuspermüsli, mehr oder weniger prätentiös, über Titel, Cover und Trailer dem Publikum vorgestellt werden. Während es bei modernen Action-Blockbustern gängig ist, genau den Inhalt abzuspielen, der auch angekündigt wurde, wird besonders in dem sogenannten „Arthouse-Genre” eine prätenziöse Präsentation oft schon als einleitendes Stilmittel für unkonventionelle Inhalte verwendet. “Arabian Adventure – Im Bann des Kalifen” gehört definitiv nicht zur letzteren Sorte, soviel soll vorab schonmal klargestellt werden. Warum dem so ist, werde ich im Folgenden ausbaldowern:
 
 
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“Arabian Adventure – Im Bann des Kalifen” ist ein Film von Kevin Connor aus dem Jahr 1979, den man als Knuspermüsli par excellence bezeichnen kann. Hier steckt alles drin, was der gute europäische Tourist von einem Ausflug in das schöne Arabien erwarten würde. Die Eröffnung startet mit orientalisch anmutenden Klängen, geheimnisvollen Wüstenkulissen, einem putzigen Äffchen und dem wilden Treiben eines arabischen Basars.
 
 
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Die orchestrale Untermalung erinnert an europäische Klassiker wie Rodrigos Concierto de Aranjuez und umschmeichelt den Betrachter mit einem geheimnisvollen Flair, was so häufig mit der arabischen Kultur in Verbindung gebracht wird. Doch nichts an dem musikalischen Hokuspokus ist wirklich arabisch, weder in instrumenteller noch in musiktheoretischer Hinsicht, können irgendwo authentische arabische Klänge gefunden werden. Für die Ohren westlicher Konsumenten sind nach Auffassung der Produzenten wohl die Dissonanzen einer arabischen Oud nicht statthaft. Anstelle dessen werden zahlreiche Motive spanischer Klassiker kopiert. Das geheimnisvoll Arabische weicht zur Mitte des Films dem stürmischen Vorgehen eines edlen Recken. Mit dem Aufbegehren gegenüber einen finsteren Kalifen scheint sich auch die orchestrale Musik von ihren Ketten zu lösen und wandert bei der Begleitung des Befreiungskampfes vollständig in die westeuropäische Klassik ab.
 
 
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Und so verhält es sich auch mit dem Rest des Films: die einleitende, geheimnisvolle Wüstenkulisse, umspielt von Kopien klassischer spanischer Komponisten, weicht einem arabischen Basar, an dem nichts Arabisches zu finden ist, außer dem Gedanken des Betrachters, dass es sich definitiv um einen arabischen Basar handeln muss. Der finstere Kalif Alqazar wird von Christopher Lee hier standardmäßig hervorragend verkörpert. Lee stellt dennoch nichts weiter dar, als das, was wir uns unter einem finsteren Kalifen vorzustellen haben. Das ganze wird ins Absurde getrieben, wenn Alqazar von Tante Ursel und ihrer Freundin Trude in arabischen Gewändern umgarnt wird. Anschließend spricht er mit seinem Security-Chef, der gerade mittels Privatjet aus Helsinki eingeflogen wurde. Die Säbelkloppereien wirken gegenüber den gut inszenierten stereotypen Darstellungen hingegen eigenartig amateurhaft. Der Drunken Master konnte ein Jahr zuvor mit wesentlich besseren Actionsequenzen punkten, hier sind die Prügeleien eher auf einem schlechten B-Movie Niveau.
 
 
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Letzten Endes kann zusammengefasst werden: “Arabian Adventure – Im Bann des Kalifen” ist das Knuspermüsli der Filmkunst schlechthin. Alles ist so wie wir es uns vorstellen. Schon die Öffnung der Packung ist so einladend wie der massentouristische Wochenend-Ausflug in einen marokkanischen Betonbunker. Ein Vorzeigekunstwerk des Orientalismus, das zufälligerweise exakt ein Jahr nach Edward Saids Publikation des Werkes Orientalism und der einhergehenden Begriffseinführung des Orientalismus auf den Markt gespült wurde.
 
 


 
 
 

IM BANN DES KALIFEN – Fazit

 
 
 
5 Punkte Final
 
 
 
Das europäische Abenteuer mit den arabischen Klamotten. “Arabian Adventure – Im Bann des Kalifen” ist eine ganz vorzügliche Darstellung westeuropäischer Fantasien des Orientalismus. So wenig hier irgendetwas Arabisches zu finden ist, so viel kann der geneigte Betrachter gleichzeitig von dem schwarzen Herz unverblasster Kolonialfantasien beobachten. Der Film eignet sich deswegen besonders für Studenten der postkolonialen Geschichte, ist aber auch ohne weiteres mit einer Tüte Chips und einem beherzten Lachen zu genießen. Die digitale Restaurierung steigert das Vergnügen ins Unermessliche. Ich hatte selten soviel Spaß bei der Beobachtung eines eingekerkerten Statisten, der auf ein Foltergerät gespannt, dümmlich dreinblickend, einen schlecht inszenierten Säbelkampf betrachten musste.
 
 
 


 
 
 

IM BANN DES KALIFEN – Zensur

 
 
 
“Im Bann des Kalifen” erschien in Deutschland ungeschnitten in den deutschen Kinos und war dort frei ab 6 Jahren. Das gleiche galt auch für die Ausstrahlung im TV und für die Vermarktung auf Video-Kassette. Leider schaffte es der Fantasyfilm nie auf DVD. Hierfür schafft das Label Cinestrange Extreme Abhilfe. Das Label veröffentlicht den Film nun erstmals auf DVD und Blu-ray in Deutschland – und das vollkommen ungeschnitten.
 
 
 


 
 
 

IM BANN DES KALIFEN – Deutsche Blu-ray

 
 
 

(c) Cinestrange Extreme (Mediabook mit Blu-ray + DVD | Cover A auf 333 limitiert / Cover B auf 222 limitiert / Cover C auf 222 limitiert / Cover D auf 222 limitiert)

 
 
 

TECHNISCHE DATEN


Originaltitel: Arabian Adventure; Großbritannien 1979

Genre: Abenteuer, Fantasy

Ton: Deutsch DTS-HD MA 2.0 (Mono), Englisch DTS-HD MA 2.0 (Mono)

Untertitel: keine

Bild: 1.85:1 | @23,976 Hz

Laufzeit: ca. 98 Min.

FSK: FSK6 (ungeschnittene Fassung)

Verpackung: Mediabook

Extras: Hauptfilm auf DVD, 52-seitigem Booklet mit dem Essay „Im Bann des Kalifen – ein Werk der orientalischen Phantastik“ – geschrieben von Farid Benfeghoul, Exploring an Arabian Adventure (40 Min), Super 8-Fassung (31 Min), Trailer, Bildergalerie

Release-Termin: Mediabook: 09.12.2022

 

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IM BANN DES KALIFEN – Trailer

 
 


 
 
 

Oleg Katschingski

(Rechte für Grafiken liegen bei Cinestrange Extreme)

 
 
 
Ähnche Filme:
 
Schneeweißchen und Rosenrot (1979)
 
Gevatter Tod (1980)
 
Vom tapferen Schmied (1984)
 

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