Filmkritik: „Blaze“ (2022)

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BLAZE

Story

 
 
 

Als ein Mädchen Zeugin einer Vergewaltigung wird, flüchtet sie sich mehr und mehr in eine Art Fantasiewelt, die von einem Drachen bewohnt wird.

 
 
 


 
 
 

BLAZE – Kritik

 
 
 
Braucht man Horror, wenn man das Erwachsenwerden kennt? Ist dies nicht schon Horror genug? Weil es solche Fragen gibt, gibt es zwischen dem Coming-of-Age-Drama und dem Horrorfilm auch schon seit längerer Zeit keine klaren Grenzen mehr. Besonders im Independent-Bereich werden beide Genre gerne mal vermischt. Genau daran versucht sich auch „Blaze“, der mit einer simplen Geschichte daherkommt, die aber wirklich sehr künstlerisch aufbereitet wurde. Sofern sich der Zuschauer darüber bewusst ist, dass er hier absolut keinen Horrorfilm zu sehen bekommen wird, kann er mit der dargebotenen Qualität durchaus zufrieden sein.
 
 
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Die zwölfjährige Blaze, die alleine bei ihrem Vater aufwächst, wird eines Tages Zeugin einer Vergewaltigung. Es dauert nicht lange, bis Beweise aufgenommen wurden und man Blaze verhört, doch durch gute Anwälte seitens des Täters glaubt dem Mädchen niemand. Sie selbst haben das Ereignis und die Auswirkungen davon dermaßen schockiert, dass Blaze sich in ihre eigene Fantasiewelt zurückzieht, in der ein mächtiger Drache das Sagen hat. Doch wird das Problem dadurch eher verstärkt oder gemildert?
Das Drehbuch wirkt am Anfang völlig eindeutig und klar, wird hinterher jedoch noch deutlich mehr mit Interpretationsfreiräumen gespickt. Das wurde schon gut geschrieben und aus der simplen Eingangsprämisse hat man durchaus etwas gemacht. Allerdings ist der Erzählverlauf auch relativ sperrig und man kann die Geschehnisse nicht immer völlig greifen. Ob man damit nun etwas anfangen kann oder nicht, liegt am Ende also im Auge des Betrachters, denn so eigenwillig „Blaze“ auch erzählt wird und so viel Substanz er zwischen den Zeilen auch zu bieten haben mag, so fraglich ist ebenfalls, ob das jeden Zuschauer erreichen kann. Außerdem wird das typische Schema „Einleitung-Hauptteil-Schluss“ hier wenig befolgt, weshalb das Ganze manchmal schon ein wenig trocken wirkt.
 
 
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Definitiv kann man sagen, dass „Blaze“ ein Film ist, der von seinen Darstellern lebt. Und in erster Linie ist damit natürlich die Newcomerin Julia Savage gemeint. Sie verkörpert das selbstbewusste, aber irgendwie auch fragile Mädchen dermaßen authentisch, dass man gar nicht mehr an Schauspiel denkt. Das ist schon eine große Leistung, die man würdigen sollte. Daneben besitzt der Film mit Simon Baker ein Gesicht, welches man auch in Deutschland kennen dürfte. Baker ist in seiner recht umfangreichen Nebenrolle ebenfalls solide. Die restlichen Darsteller, von denen es nicht so viele zu sehen gibt, machen ihre Sache zweckdienlich, jedoch wenig auffällig. Die Figurenzeichnung lässt, genauso wie die Story, doch einiges an Interpretationsfreiraum offen, denn besonders viel erfährt man über die Charaktere eigentlich nicht. Dass es sich bei Blaze um ein heranwachsendes Mädchen handelt, das nicht nur die Problematik mit dem Erwachsenwerden bewältigen muss, sondern eben auch noch Zeugin einer schrecklichen Tat wurde, sorgt dabei für gewisse Merkmale, die das Ganze leicht markant wirken lassen. Eine tiefere Durchleuchtung fehlt dennoch und es wird nicht jedem Zuschauer leicht fallen, mit diesen Figuren warm zu werden.
 
 
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Und das Warmwerden fällt sicherlich auch nicht so leicht, wenn man nicht genau weiß auf welches Genre man sich hier einlässt. Mit Horror im ursprünglichen Sinne hat „Blaze“ nämlich atmosphärisch fast gar nichts zu tun. Es gibt ein paar Momente, die an einen Horrorfilm erinnern, aber ansonsten ist das hier ein waschechtes Coming-of-Age-Drama, welches sich eben nur an gewissen Elementen bedient, um die Geschichte eindrucksvoller zu erzählen. Natürlich gesellt sich auch noch eine Prise Fantasy mit hinzu, weil Regisseurin und Drehbuchautorin Del Kathryn Barton hier eben gerne mit dem Drachen spielt. Die Künstlerin, die mit „Blaze“ nach ein paar Kurzfilmen ihr Langfilmdebüt feierte, tobt sich stilistisch schon ziemlich aus. Da fühlt man sich in einem Moment an „Die unendliche Geschichte“ erinnert, nur um sich danach doch eher wieder wie in „Pan’s Labyrinth“ vorzukommen. Dabei klingen beide Vorbilder fast schon zu drastisch, denn „Blaze“ ist ein Film der unterschwelligen Töne. Es wird niemals zu viel und die Inszenierung hält sich, trotz einer gewissen Vielfalt, oftmals sehr zurück. Trotzdem oder gerade deshalb ist das von der Stimmung her ziemlich vielfältig und der sehr passende Indie-Soundtrack unterstützt die Atmosphäre nochmal sehr gut.
 
 
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Über den Unterhaltungswert kann man dennoch geteilter Meinung sein, denn selbst wenn „Blaze“ seine Faszination besitzen mag, so unterhält er doch nicht im typischen Sinne. Der gesamte Aufbau kommt sperrig daher und es dauert lange, bis mal etwas mehr geschieht. Dabei ist die Ausgangssituation schnell geklärt, nur danach nimmt der Film das Tempo völlig heraus. Das ist sichtbar bewusst so geschehen und auch gut so, aber Spannungselemente findet man deshalb eher weniger. Tatsächlich muss man sich mehr auf die Optik einlassen, denn dann bekommt man wunderbar unkonventionelle Momente geboten. Die recht simplen Puppen-Tricks kommen in Verbindung mit etwas CGI tatsächlich relativ effektiv daher und lassen den künstlerischen Werdegang der Regisseurin erahnen. Ob einem das nun reicht, um sich über ca. 100 Minuten gut unterhalten zu fühlen, muss jeder für sich selbst entscheiden. Langweilig kann man das Endergebnis jedenfalls nicht nennen, höchstens etwas langatmig. Zum Finale nimmt das Geschehen noch etwas mehr an Fahrt auf, doch selbst hier hält sich das Ganze einigermaßen zurück. Das ist sympathisch, nur eben auch nicht besonders aufregend. Und wer hier Gewalt sucht, der wird sowieso nicht fündig, denn „Blaze“ ist am Ende absolut kein Horrorfilm, sondern ein Drama, welches keine drastischen Effekte benötigt, um seine Geschichte zu erzählen.

 
 


 
 
 

BLAZE – Fazit

 
 
7 Punkte Final
 
 
„Blaze“ wird so manchem vor den Kopf stoßen, weil er scheinbar mit der Assoziation an Horror vermarktet werden soll. Selbst wenn es minimale Horror-Elemente gibt, so hat das Resultat nichts mit einem Horrorfilm zu tun. Hier hat man ein Coming-of-Age-Drama vor sich, welches mit reichlich Fantasie gestaltet wurde und eine simple Geschichte einprägsam erzählt. Auf höchst unterhaltsame Art und Weise geschieht dies nicht, denn es gibt kaum Spannungselemente, fast gar keine Action und auch nicht gerade viel Humor. Dafür besticht die Atmosphäre mit einem surrealen, manchmal recht improvisationswürdigen Verlauf, der auch nach Ende des Filmes noch ein wenig Nachwirkung zeigt. Die Darsteller, allen voran Julia Savage, liefern voll ab und die handwerkliche Arbeit ist sowohl eigenwillig, wie auch gekonnt gestaltet. Deshalb hat man hier auch einen wirklich gelungenen Film vor sich, der jedoch die richtige Stimmung erfordert und im Endeffekt doch etwas zu sperrig daherkommt, um eine noch größere Wirkung zu erzielen.
 
 
 


 
 
 

BLAZE – Zensur

 
 
 
„Blaze“ besitzt fast gar keine grafische Gewalt. Zwar ist das Thema um Vergewaltigung nicht harmlos, wird aber niemals reißerisch verwendet und niemals zu drastisch dargestellt. Aufgrund des höheren Anspruchs sollte einer Freigabe ab 12 Jahren nichts im Wege stehen.
 
 
 


 
 
 

BLAZE – Trailer

 
 


 
 
 

Benjamin Falk

(Rechte für Grafiken liegen bei mk2 Films)

 
 
 
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