Filmkritik: „Kaktus Jack“ (1979)

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KAKTUS JACK

(THE VILLAIN)

Story

 
 
 
Er wäre gern der gefürchtetste Mann im Wilden Westen, aber was Kaktus Jack (Kirk Douglas) auch anpackt – alles geht schief: Die Bank fliegt in die Luft – der Safe bleibt heil, die Postkutsche rast über die mit Alleskleber präparierte Brücke, der Felsen überrollt nicht die Opfer – sondern ihn. Kurz: Kaktus Jack ist ein Pechvogel par excellence. Aber er gibt nie auf. Der nächste Beutezug ist schon geplant. Er hat es auf die Goldtasche der hübschen Charming Jones (Ann-Margret) abgesehen. Doch die hat sich einen starken, aber etwas naiven Schönling (Arnold Schwarzenegger) als Leibwächter engagiert. Jacks Pläne, an das Gold heranzukommen, gehen stets zu seinem Nachteil aus. Als sich dann auch noch der ominöse Indianerhäuptling Genervter Elch (Paul Lynde) in die Sache einmischt, wird das Chaos erst so richtig perfekt.
 
 
 


 
 
 

KAKTUS JACK – Kritik

 
 
 
Wenn der Mensch eines wirklich gut kann, dann ist es schlechte Filme produzieren. Er ist in dieser Angelegenheit so unglaublich gut, dass wir heute vor einem massenmedialen Müllberg stehen, der bis in die Gestirne zu ragen scheint. Die enorme Menge mieser Unterhaltungsproduktionen übersteigt das Fassungsvermögen der singulären Psyche als auch die Lebensspanne des Menschen. In zeitlichen Dimensionen betrachtet, können die zahlreichen Trash-Produktionen mit Leichtigkeit den Zeitraum eines Menschenlebens ausfüllen. Sicherlich könnte auch eine Zeitspanne von circa einem Jahrtausend durch den täglichen Unterhaltungsmüll überwunden werden. Von dieser Warte aus betrachtet, wundert es nicht, dass wir trotz exzessivem Medienkonsum, immer wieder unbekannte Juwelen aus dem unendlich wirkenden, stinkend-dahinwabernden Entertainment-Schleim ziehen können. Insbesondere Arnold Schwarzenegger erweist sich für solch bizarre Neuentdeckungen alter Diamanten oft als ein willkommener Wegweiser.
 
 
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Kaum ein anderer Schauspieler hat so viele Genres mit Müll versorgt, wie unser geliebter Gouvernator: Barbarentrash wie Conan und Red Sonja, Sci-fi-Müll wie The 6th day oder einfach Kinderkacke wie der Kindergarten Cop: es gibt kaum einen anderen Darsteller auf diesem kümmerlichen Planeten, der mit so wenig Talent so unglaublich viel Müll produziert hat und dadurch noch zu einer öffentlichen Person avanciert ist. Arnies österreichischer Akzent stellt hier als komödiantische Beilage nur das Sahnehäubchen einer glänzenden Talentlosigkeit dar. Conans Aufschrei gegenüber Thulsa Doom: „Ju tuck ma fasers soord!“ wird begleitet von einem grotesken körperlichen Schauspiel, das auch durch seinen defizitären Bewegungsapparat zustande kommt. Als Artefakt aus dem Pumpersalon erinnert sein starres Bewegungsmuster an Action-Figuren der He-Man Reihe. Die schauspielerischen Einschränkungen auf verbaler und körperlicher Ebene führen zu einem unfreiwillig komischen Gesamteindruck, verleihen Arnie aber auch eine unvergleichliche Authentizität in der Rolle des stummen Terminators. Ob die Komödie “The Villain – Kaktus Jack“ nahtlos in seine zahlreichen Trash-Produktionen eingereiht werden kann, soll im Folgenden genauer untersucht werden:
 
 
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The Villain, zu Deutsch „Kaktus Jack“, ist eine amerikanische Westernkomödie, aus dem Jahr 1979. Der Handlungsstrang ist simpel und behandelt den Versuch von Kaktus Jack, Gold aus einer Kutsche zu rauben, die von seinem Gegenspieler „Charming“ gesteuert wird. Der ganze Klamauk zeichnet sich besonders durch zwei Faktoren aus: zum einen kopiert der Film die Road-Runner-Cartoons bis zur dreisten Abkupferung einzelner Gags. Der Film kann demnach als eine Art Hommage an das Cartoon-Genre verstanden werden. Diese sehr oberflächliche Komposition wird bei einer genauen Betrachtung der Schauspieler interessant: auf der einen Seite wird der gutmütige Dummkopf-Cowboy „Charming“ durch Schwarzenegger personifiziert während auf der anderen Kirk Douglas den tollpatschigen Kaktus Jack darstellt. Die Wahl der Schauspieler könnte geschichtsträchtiger nicht sein: Douglas hat als ernstzunehmende Legende der Filmkultur die Blütezeit seiner Karriere in The Villain längst hinter sich gelassen. Als ehemaliges Aushängeschild monumentaler Klassiker wie Spartacus oder Out of the Past macht er Ende der 70er Jahre einen verlorenen Eindruck. In einer Zeit, in der die Filme immer kürzer werden und auf rationalisierte Handlungsstränge setzen, benötigt die Hollywoodmaschinerie keinen Douglas für überlange Sandalenfilme mehr, das Publikum sucht nach kurzweiligen Kicks und verzichtet auf das prätentiöse Monument. Das gewaltige Kunstwerk weicht dem unterhaltsamen Scherz. Kirk Douglas wirkt blass und alt in dieser Zeit, seine schauspielerische Stärke liegt im Epos, sein Ausdruck trotzt den tiefsten Naturgewalten und höchsten Göttlichkeiten. Nun ist er in einer Zeit gefangen, in der Schauspieler nicht mehr als Götterboten verehrt werden, sondern nur noch Zirkusäffchen in goldenen Käfigen sind.
 
 
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Unter diesen Umständen geschieht „The Villain“. Nein, The Villain wird nicht nur einfach gedreht, die Komödie ist eine unabdingbare Darstellung neuer Realitäten. Kirk Douglas, einst als stolzer Spartacus der Sklaverei trotzend, wird hier endgültig in Ketten gelegt. Seine Gefangenschaft zeichnet sich durch die serielle Zwangsarbeit im Rahmen der Clownrolle aus: Kaktus Jack hat eine Idee, führt sie durch, alles geht zu Bruch. Cut. Kaktus Jack hat eine weitere Idee, alles geht wieder zu Bruch, Cut. Die serielle Präsentation von Gags, die an Zeichentrickfilme erinnern, soll zu einer Situation führen, in welcher der Beobachter bereits vor der nächsten Pointe lachen muss, da er unschwer erkennen kann, dass diese nun folgt. Es findet eine Art Fließbandarbeit statt, eine automatisierte Produktion von Gags führt zu einer seriellen Darstellung von Belanglosigkeiten. Der Beobachter wird in diesen Prozess mit eingebunden. Sein Gelächter wird zu einem festen Bestandteil der fabrikähnlichen Filmarbeit, es begleitet die wiederkehrenden Maschinengeräusche der einzelnen Produktionsschritte. Die automatisierte Produktion der Massengesellschaft findet ihren höchsten Ausdruck in der Automatisierung des Kinogängers. Das Konzept gelingt und prägt zahlreiche Komödien wie Home alone oder Dennis the menace. Während Kirk Douglas mitleidig an diesem Prozess teilnimmt, geht Arnold Schwarzenegger in seiner Rolle als stumpfer Antagonist zu Kaktus Jack voll und ganz in seiner Rolle auf. Sein fröhliches Gesichtsspiel könnte zusammen mit dem grauseligen Önglisch aus einer Popeye-Spinatwerbung stammen. Er ist hier ganz in seinem Element, der unfreiwillige Komödiant, verdammt zu ewiger Blödelei, ist einfach die Rolle seines Lebens. Douglas hingegen wirkt blass, sein Lachen offenbart tiefe Sorgenfalten, seine Gesichtszüge zeugen von einem traurigen Leben in einer Welt, in der er sich nicht mehr zu Hause fühlt.
 
 
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The Villain, beziehungsweise Kaktus Jack, ist eben aufgrund dieser unfreiwilligen Dokumentation eines Zeitenumbruchs vielmehr als nur eine plumpe Komödie, es ist eine Darstellung von Untergang und Neubeginn. Der Film zeigt die brutale Pressung alter Legenden in neue Formen, eine moderne Umstrukturierung des kreativen Kinofilms in eine serielle Walzarbeit der amerikanischen Unterhaltungsindustrie. Kaktus Jack wird so zu einem Monument für das Ende der großen Legenden und den Aufstieg der modernen Dummblödelei. Das Talent weicht dem Bizeps und die Tiefe einer vergangenen Filmkunst weicht der glänzenden Oberfläche der Bodybuilder-Kultur. Schwarzenegger ist der Inbegriff eben dieser Oberfläche und es ist in diesem Zusammenhang nichts Passenderes zu nennen als der nietzscheanisch geprägte Gegensatz von Dionysus und Apollon: das Apollonische verkörpert als Energie des Bildhauers die Kraft der klaren Strukturen, mit dessen Hilfe das Kunstwerk in den Marmor geschlagen wird. Schwarzenggers Arbeit an seiner Muskulatur, die Pressung des eigenen Körpers in eine klare Form und Struktur ähnelt der Arbeit des griechischen Bildhauers. Auf der anderen Seite steht als dionysisches Element die unregulierte Tiefe des Rausches, die in Kunstwerken transzendierend auf den Betrachter wirkt und abseits aller Strukturen eine jenseitige Sprache findet. Eben diese Sprache scheint für die zahlreichen Rationalisierungsprozesse der Moderne nicht mehr tragbar zu sein. Schwarzenegger kann darum als Wegbereiter des Apollonischen, als Statthalter der Rationalisierung und Vernichter jeder künstlerischen Tiefe betrachtet werden. Auch seine politischen Leistungen, insbesondere die konsequente Auslöschung zahlreicher Delinquenten, also die Rationalisierung von Menschenmaterial, können dieser Position als Fürsprecher dienen. Schlussendlich existiert, wie bereits erwähnt, eine einzige Rolle, in der Schwarzenegger wirklich überzeugen konnte: der stumme Terminator steht wie kein anderer Charakter der Popkultur für die Metamorphose der menschlichen Gesellschaft hin zu einer durchsynchronisierten Welt der Maschinenwesen.
 
 
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KAKTUS JACK – Fazit

 
 
 
1 Punkt
 
 
 
Kaktus Jack ist ein grauenhafter Film, aber er ist noch viel mehr als das. Er ist eine Dokumentation gesellschaftlicher Wandlungen und neuer Selektionsprozesse. Er dokumentiert den bemitleidenswerten Untergang alter Größen und den Aufstieg der glänzenden Oberflächen. Die universelle Inhaltsleere der Moderne wird durch eine gelungene Produktpräsentation kaschiert, Kaktus Jack zeigt uns das Kardinalsymptom der modernen Tragödie
 
 
 


 
 
 

KAKTUS JACK – Zensur

 
 
 
„Kaktus Jack“ bzw. „The Villain“ erschien im Jahr 1980 ungeschnitten in den Kinos und war ab 6 Jahren freigegeben. Ebenso komplett ungekürzt kam der Streifen auf VHS heraus. Im Jahr 2002 feierte „Kaktus Jack“ seine DVD-Premiere. Nun bringt Anbieter Cinestrange Extreme die erste Blu-ray der Western-Komödie in den Handel. Auch hier hält man den Film in der ungeschnittenen Fassung in den Händen.
 
 
 


 
 
 

KAKTUS JACK – Deutsche Blu-ray

 
 
 
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(c) Cinestrange Extreme (Mediabook mit Blu-ray + DVD | Cover A wattiert auf 222 limitiert)

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(c) Cinestrange Extreme (Mediabook mit Blu-ray + DVD | Cover B auf 222 limitiert)

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(c) Cinestrange Extreme (Mediabook mit Blu-ray + DVD | Cover C auf 111 limitiert)

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(c) Cinestrange Extreme (Mediabook mit Blu-ray + DVD | Cover D auf 111 limitiert)

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(c) Cinestrange Extreme (Mediabook mit Blu-ray + DVD | Cover E auf 99 limitiert)

 
 
 

TECHNISCHE DATEN


Originaltitel: The Villain; USA 1997

Genre: Komödien, Western

Ton: Deutsch DTS-HD MA 2.0 (Mono), Englisch DTS-HD MA 5.1

Untertitel: Deutsch

Bild: 1.85:1 | @23,976 Hz

Laufzeit: ca. 89 Min.

FSK: FSK6 (ungeschnittene Fassung)

Verpackung: Mediabook

Extras: Hauptfilm auf DVD, 32-seitiges Booklet von Patrick Winkler, mit seltenem Fotomaterial und in Kooperation mit dem offiziellen Arnold Schwarzenegger-Museum, Bildergalerie, Trailer

Release-Termin: Mediabook: 30.09.2022

 

„Kaktus Jack“ ungeschnitten im CINESTRANGE EXTREME Shop bestellen

 
 


 
 
 

KAKTUS JACK – Trailer

 
 


 
 
 

Oleg Katschingski

(Rechte für Grafiken liegen bei Cinestrange Extreme)

 
 
 
Ähnche Filme:
 
Kevin – Allein zu Haus (1990)
 
Dennis (1993)
 
Kevin – Allein in New York (1992)
 

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