Filmkritik: „Shepherd – Fluch der Vergangenheit“ (2021)

Shepherd-bposter
 
 
 

SHEPHERD – FLUCH DER VERGANGENHEIT

(SHEPHERD)

Story

 
 
 
Ein trauernder Mann nimmt nach einem traumatischen Vorfall eine isolierte Stelle als Schafhirte an der schottischen Küste wahr.
 
 
 


 
 
 

SHEPHERD – Kritik

 
 
 
Der in Wales aufgewachsene, danach als Produktionsassistent, Concept- sowie Storyboardartist, Setdekorateur und Art Director arbeitende Russel Owen hat nach seinen Kurzfilmen „Anglesey Road“ und „Love In The Asylum“ bereits 2020 den Zombie/Virusausbruch-Indie-Horror „Inmate Zero“ gedreht, der in Deutschland allerding scheinbar keine Veröffentlichung fand. Ein Jahr später ging Herr Owen dafür mit dem vorliegenden Werk „Shepherd“ an den Start, welches es inzwischen auch in die heimigen Regale geschafft hat – doch handelt es sich hierbei um schnelle Geldmache mit einer billigen Lizenz, oder verbirgt sich hinter dem ominösen Titel gar ein richtig guter Film? Finden wir es heraus.
 
 

„I learned to cope the hard way. It’s time you do the same.“

 
 
Die repetitiv-einlullende Melodie aus dem minimalistischen Menü mit seinen kratzenden Geigen erinnert entfernt an das Theme von „The Turin Horse“, von Extras, einem Kapitelmenü oder auch nur Untertiteln fehlt leider jede Spur. Mit einem tragischen Zitat aus der göttlichen Komödie starten wir in den Film, innerhalb weniger Minuten wird dann auch das gesamte 1×1 moderner Horrorfilme abgespult: Ein schreiendes, grelles Orchester im Wechsel mit tosenden Chören, ein Dröhnen & Fauchen & Klagen auf der akustischen Ebene; dazu eine kunstvoll inszenierte Beerdigung mitten im Nichts, Einstellungen unseres Protagonisten unter Wasser, der erste Auftritt einer schwarz gekleideten Figur, die eine Laterne trägt. Der Sarg rüttelt, ein lauter Schrei erklingt, dann wird Eric Black, so sein Name, wach.
 
 

„How did it find you?“

 
 
Es startet also mit der schuldbeladenen Alptraumsequenz eines gemarterten Protagonisten, der von seinen inneren Dämonen gejagt wird und …………………………. sorry, kurz eingeschlafen. „Post A24-Horror“ heißt dieses ganze Genre für mich, man will unbedingt „sowas wie Hereditary“ sein, aber kann es nicht, guckt sich nur einen oberflächlichen Arthouse-Faktor, eine simple Geschichte über verdrängte Schuld ab, verfrachtet das Ganze dann in eine beliebige, isolierte Umgebung – in diesem Fall halt eine Farm auf einer einsamen Insel – und fertig sind die nächsten 100 Minuten gepflegte Langeweile.
 
 

„She’s a witch, she’s here.“

 
 
Würden wir es nicht inzwischen das Jahr 2023 schreiben, hätte ich vielleicht noch irgendwo ein Restmaß an Verständnis oder Mitleid für eine solche Produktion, schließlich hat man es ja „nur gut gemeint“ und klar, schlechter geht immer. Aber Ari Asters Genremeisterwerk ist jetzt auch schon wieder fünf Jahre alt und die Reihe an immergleichen „Traumahorror“-Streifen, die mit vagen Andeutungen, einem langsamen Aufbau, Arthouse-Anleihen und langweilig vorhersehbaren Hintergrundgeschichten versuchen, ihre Geister/Dämonen-Standardkost aufzupeppen und dabei kläglich versagen, reißt einfach nicht ab.
 
 

„Why leave me all alone?“

 
 
Freilich wird auch diese charakterbasierte Drama-Horror-Geduldsprobe durch einige hübsche Einstellungen der tollen Landschaft goutierbar gemacht, bei der soliden Cinematographie hab ich wenig zu meckern, auch der süße Hund unseres Protagonisten sorgt zeitweise für Sympathiepunkte – doch was nützt das, wenn sich Eric von Anfang an einzig durch seine anstrengend LAUT (weil laut = gruselig) abgemischten PTSD-Flashbacks oder Depressionen charakterisiert und die vermutlich beunruhigend wirkend sollende Bildsprache sich auf dem Level von „Er sieht ein dunkles Schaf“ bewegt. Der zweite, natürlich ebenfalls unverständlich, da deutlich zu leise abgemischt, nuschelnde Charakter neben Eric ist dann noch eine auf einem Auge erblindete Kapitänin, die sich natürlich aus Angst vor einer uns unbekannten Macht weigert, ab einer gewissen Stelle weiterzugehen.
 
 

„You used to be so happy before her.“

 
 
Kommt Eric nach rund 25 unspektakulären Minuten dann in der rustikalen, verlotterten, alten, kalten und staubigen Hütte an, deren Wasserhähne nicht einmal funktionieren, habe ich mir aus anfänglicher Verzweiflung bereits „Ich hoffe inständig, es passiert noch irgendwas.“ notiert, doch ich hätte mit meinem Wunsch spezifischer sein müssen – denn damit meinte ich garantiert nicht weitere Versatzstücke des Horror-Standardprogramms. Natürlich hat der Hund Angst vor dem Leuchtturm und rennt wimmernd umher, natürlich gilt es einen staubigen Dachboden zu erkunden, selbstverständlich ist bei Nacht ein Flüstern zu hören. Und nicht falsch verstehen, Tropen oder Klischees sind notwendig und von sich auch gar nicht schlimm, nur fehlt „Shepherd“ halt jede Eigenständigkeit, jede Motivation, jede Freude an solchen Szenen.
 
 
Shepherd-bild-2
 
 
Geistesabwesend zählt Eric die Schafe oder geht seinen nötigen Arbeiten nach und weil das alles so häufig gesehen und uninteressant ist, werde auch ich langsam geistig abwesend. Das Gruselpotential der blökenden Schafe, die in einer einzelnen, viel zu kurzen Einstellung bedrohlich in die Kamera gucken, wird leider so gar nicht genutzt – und nach gerade einmal 40 dieser überlangen 100 Minuten wird Erics Trauma bzw. Vergangenheit auch schon so ziemlich ausbuchstabiert; was nur noch denkbar wenig Platz für Twists oder andere Theorien lässt.
 
 

„Maybe, Mr. Black, maybe you are home.“

 
 
Mit dem letzten Maß Rätselspannung aus dem Weg bleibt also nur noch die Frage danach, mit welchen Visualisierungen, Alpträumen oder Genreszenen jetzt noch die restliche Stunde gefüllt werden soll. Und, well, es könnte altbekannter und beliebiger kaum sein. Seine Mutter taucht in der Küche auf, weil es natürlich um ein Familientrauma geht, laute Pseudo-Jumpscares folgen, miese Dämonenstimmen, weitere zu leise Dialoge und natürlich die schwarz verkuttete Gestalt mit der Laterne, die zwischenzeitig auch noch eine Kette trägt. (Gruselig und originell.) Weder ernsthaft beunruhigend noch unfreiwillig komisch sind diese Szenen, sodass man als jahrelanger Genrefan nur noch enttäuscht ausatmen kann – zumal das einzige Element, das wirklich ganz interessant oder ungewöhnlich anmutet, ein auffällig großes Vogelskelett nämlich, nicht weiter erklärt wird.
 
 

„Why?“

 
 
Eine recht blutige sowie unangenehm anzuschauende Stelle hat mich kurz aufmerksamer werden lassen, auch befinden wir uns auf einem technisch recht angenehmen Niveau, etwa wenn das Set eines alten Kreuzfahrtschiffs erkundet wird, der Film Nebel zu seinem Vorteil nutzt oder die Kamera kurz durch die Highlands fliegt – doch egal wie bedrohlich der Leuchtturm von außen (und später natürlich auch von innen) abgefilmt wird, dadurch, dass alle Karten so ziemlich von Anfang an auf dem Tisch liegen und wir längst wissen, dass die Pein bzw. Reise von Eric in erster Linie allegorisch zu verstehen ist, bleiben Spannung oder Atmosphäre einfach aus.
 
 

„What have you done? What have you done? What have you done?“

 
 
Kurz vorm Einschlafen, 20 Minuten vorm Ende packt Owen dann doch noch eine einzelne Sequenz mit Schock- bzw. Horrorpotential aus, doch mieses CGI im Finale macht die guten Ansätze schnell wieder zunichte. Und als sei ihm aufgefallen, dass die zehntausendste Läuterung eines beliebigen Horrorprotagonisten scripttechnisch einfach nicht reicht, würgt der Film dann doch tatsächlich noch einen unnötigen, erzwungenen und wenig logischen Twist hinterher, von dem abermals wirklich niemand profitiert hat.
 
 
Shepherd-bild-1
 
 


 
 
 

SHEPHERD – Fazit

 
 
 
3 Punkte Final
 
 
 
Tausendmal gesehener, todlangweiliger Traumahorror mit den immer selben Versatzstücken der letzten paar Jahre Genrekost. Technisch solide und mit vereinzelt lobenswerten Einstellungen versehen, als Gesamtwerk jedoch gänzlich generisch und sofort wieder vergessen.
 
 
 


 
 
 

SHEPHERD – Zensur

 
 
 
Die deutsche Fassung von „Shepherd – Fluch der Vergangenheit“ ist ungeschnitten und frei ab 16 Jahren.
 
 
 


 
 
 

SHEPHERD – Deutsche Blu-ray

 
 
 
Shepherd-bluray

(c) Lighthouse Home Entertainment (Blu-ray im KeepCase)

 
 
 

TECHNISCHE DATEN


Originaltitel: Shepherd; Großbritannien 2021

Genre: Horror, Thriller, Drama, Mystery

Ton: Deutsch DTS-HD MA 5.1, Englisch DTS-HD MA 5.1

Untertitel: Deutsch

Bild: 2.39:1 | @23,976 Hz

Laufzeit: ca. 105 Min.

FSK: FSK16 (ungeschnittene Fassung)

Verpackung: KeepCase

Extras: Trailer, Bildergalerie

Release-Termin: KeepCase: 25.11.2022

 

Shepherd – Fluch der Vergangenheit [Blu-ray im KeepCase] ungeschnitten auf AMAZON bestellen

 
 


 
 
 

SHEPHERD – Trailer

 
 


 
 
 

Alexander Brunkhorst

(Rechte für Grafiken liegen bei Lighthouse Home Entertainment)

 
 
 
Ähnche Filme:
 
Honeydew (2021)
 
Violation (2020)
 

Deine Meinung zum Film

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..