Filmkritik: „Konstantin der Große“ (1961)

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KONSTANTIN DER GROSSE

(CONSTANTINO IL GRANDE)

Story

 
 
 
Das vierte Jahrhundert nach Christi Geburt: Auf dem Weg nach Rom gerät Konstantin (Cornel Wilde), Sohn des Imperators, in einen Hinterhalt. Sein Freund Hadrian (Fausto Tozzi) wird dabei schwer verletzt, jedoch von einer Gruppe rechtloser Christen aufgenommen und von der jungen Livia (Christine Kaufmann) gesund gepflegt. Konstantin erlebt unterdessen, welche Grausamkeiten die Anhänger des Christentums erleiden und setzt sich daraufhin für die Religionsfreiheit ein. Das schürt den Unmut im Senat. Einen Widerstand, den Konstantins Widersacher Maxentius (Massimo Serato) ausnutzt, um eine Revolte anzustacheln…
 
 
 


 
 
 

KONSTANTIN DER GROSSE – Kritik

 
 
 
In der europäischen Filmkultur hat sich eine Weltkonstruktion etabliert: die wilden Muselmanen, die noch wilderen Mongolenstämme und die unschlagbar wilden Wikinger kämpfen gegen eine rationale Welt europäischer Geistlichkeit, angeleitet vom edlen und tugendhaften Christentum. Dieser Klassiker westlicher Weltbilder wird bis heute in vielen Filmen und Serien gerne bedient, in vollkommenster Reinheit aber vor allem in alten Sandalenschinken abgespielt. Die europäische „never-ending-story“ wird hier mit einer kindlichen Naivität dargestellt, die an der Zurechnungsfähigkeit des damaligen Publikums zweifeln lässt. Ob Konstantin der Große zu dieser Sorte von Sandalenschinken gezählt werden kann, soll im Folgenden unter die Lupe genommen werden:
 
 
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Konstantin der Große ist ein italienischer Sandalenschinken aus dem Jahr 1961. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Machwerken dieser Zeit, wird eine Bedrohung von außen hier nur ganz am Rande der Geschichte erwähnt. Der Film beschreibt eine Konfliktsituation im 4. Jahrhundert nach Christus zwischen der römischen Politik und dem aufkommenden Christentum. Konstantin spielt hier bei der Wegbereitung und gesellschaftlichen Etablierung des Christentums eine große Rolle und steht als Feldheer und Schutzpatron den Christenmenschen zur Seite, während der römische Senat eine vollständige Ausrottung dieser merkwürdigen Menschenart für die nächste Legislaturperiode festgesetzt hat. Abseits von der fehlenden Invasion fernöstlicher Barbarenstämme, weist der Film bemerkenswert viele Ähnlichkeiten mit anderen italienischen Sandalen-Produktionen dieser Zeit auf. Insbesondere die Aufnahmen von berittenen Heeren und Massenschlachten, untermalt von einem pathetischen Soundtrack Nascimbenes, erinnern sehr stark an Vorläufer wie die „Die Mongolen“ (I mongoli, 1960). Der Ursprung moderner Schlachtenszenen aus Klassikern wie Braveheart kann hier sehr gut nachvollzogen werden. Auch die musikalische Untermalung Nascimbenes ist genretypisch und weicht kaum von seinen früheren Arbeiten ab: Ebenso wie bei dem Film „Die Mongolen“ arbeitet er hier mit einer steten Wiederholung und leichten Variierung einiger weniger Themen. Dies sorgt leider gerade in den Schlachtensequenzen immer wieder zu nervtötendem Gequäke, da das gleiche Thema oftmals nur in verschiedenen Tempi mit leichten Veränderungen repetiert wird. Die Kampfszenen können den heutigen Betrachter kaum noch vom Hocker reißen, was auch durch den Mangel an technischen Möglichkeiten ausgelöst wird: insbesondere Arenakämpfe mit Löwen wirken auf den heutigen Beobachter unfreiwillig komisch, da die Kontrahenten, also Löwe und Heros, nicht gemeinsam abgefilmt werden konnten. Deswegen ist entweder ein laut brüllender Löwe oder aber ein Konstantin zu sehen, der mit seinem Schwert irgendwo fernab der Aufnahme ins Leere hackt.
 
 
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Neben diesen technischen Defiziten, über die man im Zeitalter der CGI-Effekte wohlwollend hinwegsehen kann, ergeben sich zahlreiche Defizite auf schauspielerischer Ebene. Unmengen an stereotypen Rollenbildern, über die heute nur noch geschmunzelt werden kann, vereinen sich in einem wirren Sandalen-Religionsfilm: die christlich-leidende, bezaubernde Schönheit Livia, verkörpert von Christine Kaufmann, glänzt vor der Kamera mit unerträglicher Blödchenhaftigkeit. Der edle Feldherr Konstantin (Cornel Wilde) und sein getreuer Untergebener Hadrian (Fausto Tozzi) werden durch eine ebenso eindimensionale und stumpfe Charakterzeichnung auf den edlen Heros reduziert. Der einzige Charakter, der hier wirklich gelingt, ist der hintertriebene Gegenspieler Maxentius, der von Massimo Serato verkörpert wird. Serato schafft durch seine gekonnte Darstellung des Antagonisten Konstantins eine zukunftsweisende Rolle, die bereits auf moderne Titel wie Game of Thrones hinweist. Die restliche Schauspielerei des Sandalenfilms liegt sowohl durch eine schlechte Darstellung seitens der Schauspieler als auch durch eine schlechte Ausarbeitung des Drehbuchs im unteren Drittel der öffentlich zugänglichen Filmkultur.
 
 
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Zwischen all diesen mittelprächtigen Elementen eines klassischen Sandalenfilms sticht in dem Machwerk besonders der Schnulz heraus. Der schnulzige Rotz trieft hier besonders in den Christensequenzen so stark aus Bild und Boxen, dass man schonmal den Wischroboter einschalten möchte. Das Christentum wird hier durch klassische Tugenden wie Leidensbereitschaft, Märtyrertum und Pazifismus zur Religion der Zukunft verklärt. Dies geschieht auch mit Hilfe von musikalischen Elementen, die penetrant auf eine religiöse Transzendierung der Christenopfer hinweisen. In der durchweg positiven Darstellung des Christentums liegt auch der einzig interessante Bestandteil dieses Films. Vergleichen wir diese Darstellung mit modernen Historienfilmen, so fällt auf, dass sich die Position zum Christentum in der Moderne grundsätzlich gewandelt hat: Insbesondere Wikinger- und Germanenepen wie der Animationsfilm „Die Legende von Beowulf“ (2007) verwenden christliche Symbolik heute als ein Zeichen des Untergangs. Das Kreuz wird ebenso wie der vergeistigte Mönch als Zeichen einer absinkenden Lebenskraft verwendet, während das wilde Barbarentum für ein Leben in Freiheit jenseits gesellschaftlicher Reglementierungen steht. Das Bild des Christentums wandelt sich seit den 60er Jahren von einer progressiven und friedfertigen Religionsgemeinschaft hin zu einer Form der Nekromantik. Dieser dialektische Prozess ist aber schon in ungewollten Widersprüchlichkeiten bei Filmen wie „Konstantin der Große“ angelegt: der unbelehrbare Christenhaufen wird Mann für Mann in einer Arena den Löwen zum Fraß vorgeworfen. Die unbeirrbare Haltung der „Märtyrer“ ruft Irritationen hervor, da es auch als unterlassene Hilfeleistung verstanden werden kann, wenn edle Christenmenschen nur mitleidig dreinschauen, wenn eine angehörige Mutter ohne Gegenwehr von den Bestien gefressen wird.
 
 
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KONSTANTIN DER GROSSE – Fazit

 
 
 
5 Punkte Final
 
 
 
Konstantin ist ein durch und durch mittelmäßiger Film, der vor allem durch die Darstellung der christlichen Religion etwas Interesse beim Betrachter wecken kann. Die christlichen Tugenden werden hier in voller Naivität abgespielt und propagandistisch aufgeladen. Der dialektische Prozess, der heutzutage dafür sorgt, dass Christlichkeit in vielen Filmen als eine Form der Nekromantik dargestellt wird, ist in eben jener naiven Darstellung schon enthalten: bedingungslose Opferbereitschaft bis zur totalen Selbstaufgabe und mangelnde Vigilanz werden heute wesentlich negativer konnotiert, was möglicherweise auch durch die Aufarbeitung politischer Katastrophen des 20. Jahrhunderts gefördert worden ist. Weiterhin interessant erscheint auch der Umstand, dass ein Sandalenfilm über die Einführung des Christentums als Staatsreligion im Jahr 380 und die einhergehende Zerstörung antiker Tempel und Verfolgung Andersgläubiger, bis heute nicht gedreht wurde.
 
 
 


 
 
 

KONSTANTIN DER GROSSE – Zensur

 
 
 
„Konstantin der Große“ kam im März 1963 in die deutschen Kinos und war trotz Freigabe ab 16 Jahren gekürzt. Gleiches galt auch für die VHS-Veröffentlichung, die nicht nur geschnitten war sondern auch ein falsches Bildformat hatte. Dass die VHS-Kassette geschnitten wurde verwundert an dieser Stelle, da das Tape FSK-ungeprüft auf den Markt gebracht wurde. 2005 erschien die erste DVD von „Konstantin der Große“. Die darauf gepresste Filmfassung besass abermals nicht das korrekte Bildformat und war noch starker geschnitten. Vergleicht man die Originalfassung fehlten auf dieser DVD bereits 20 Minuten Filmmaterial. Mit der ersten deutschen Blu-ray von „Konstantin der Große“ des Anbieters „White Pearl Classics / daredo“ ändert sich das nun. Der Film liegt hier in der Extended-Fassung (= ungeschnittene internationale Fassung) vor. Nicht synchronisierte Szenen, die in der Kinofassung gefehlt haben, besitzen deutsche Untertitel.
 
 
 


 
 
 

KONSTANTIN DER GROSSE – Deutsche Blu-ray

 
 
 
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(c) White Pearl Classics / daredo (Blu-ray im KeepCase)

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(c) White Pearl Classics / daredo (Blu-ray + DVD im Mediabook)

 
 
 

TECHNISCHE DATEN


Originaltitel: Costantino il grande; Italien 1961

Genre: Geschichte, Abenteuer, Drama

Ton: Deutsch DTS-HD MA 2.0 (Mono), Italienisch DTS-HD MA 2.0 (Mono)

Untertitel: keine

Bild: 2.35:1 | @23,976 Hz

Laufzeit: ca. 110 Min.

FSK: FSK16 (ungeschnittene Fassung)

Verpackung: KeepCase | Mediabook

Extras: Ungekürzte Extended-Fassung mit deutschen Untertiteln in teilweise nicht synchronisierten Szenen, Trailer | zusätzlich im Mediabook: Booklet, Hauptfilm auf DVD

Release-Termin: Mediabook + KeepCase: 31.03.2023

 

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KONSTANTIN DER GROSSE – Trailer

 
 


 
 
 

Oleg Katschingski

(Rechte für Grafiken liegen bei White Pearl Classics / daredo)

 
 
 
Ähnche Filme:
 
Ben-Hur (1959)
 
Spartacus (1960)
 
Cleopatra (1960)
 
El Cid (1961)
 

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