Filmkritik: „Peeping Tom – Augen der Angst“ (1960)

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PEEPING TOM – AUGEN DER ANGST

(PEEPING TOM)

Story

 
 
 
Einst ein Skandal, heute ein Klassiker – In „Peeping Tom“ will ein Mörder die Angst seiner Opfer mit der Kamera einfangen.
 
 
 


 
 
 

PEEPING TOM – Kritik

 
 
 
Mehr als sechs Jahrzehnte sind nicht nur in der Filmwelt eine lange Zeit. Doch besonders hier bemerkt man an einer solch langen Zeitspanne, wie sehr sich die Sehgewohnheiten doch ändern. „Peeping Tom – Augen der Angst“, in Deutschland auch unter „Augen der Angst“ bekannt, ist das perfekte Beispiel für die Veränderung der Sehgewohnheiten, aber auch dafür, wie sehr ein Film seiner Zeit voraus sein kann. 1959 gedreht und 1960 im selben Jahr veröffentlicht, in dem auch „Psycho“ das Licht der Kinoleinwände erblickte, wurde hier ein echter Skandal kreiert, der Karrieren zerstörte. Aus heutiger Sicht ist das absolut nicht mehr nachvollziehbar und das Werk konnte sich später dank bekannter Namen wie Scorsese rehabilitieren. Zum Glück, denn selbst wenn „Peeping Tom – Augen der Angst“ 64 Jahre später schon etwas angestaubt wirkt, so bleibt ein enorm gut gemachter Psychothriller, dem man sein Alter nur in wenigen Punkten anmerkt.
 
 
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Mark arbeitet als Kameramann, ist eher ruhig und etwas schüchtern, kommt ansonsten jedoch gut klar in seinem Leben. Jedenfalls ist das der Eindruck, den er nach außen vermittelt. Als Kind wurde Mark von seinem Vater für grauenvolle Experimente, die mit Angst zu tun hatten, missbraucht und seitdem hat es ihm dieses Thema selbst angetan. Nachts zieht er mit seiner Kamera durch die dunklen Gassen; immer auf der Suche nach einer wehrlosen Frau, die er ermorden kann. Und wenn das Resultat gut von ihm selbst gefilmt wurde, schaut er sich das Material liebend gerne zu Hause an. Doch als er die Liebe zu seiner Nachbarin entdeckt, steht Mark seine dunkle Seite so langsam im Wege. Das Drehbuch wurde gut geschrieben und ist in sich schlüssig. Man kann hier schon einige Parallelen zu „Psycho“ entdecken, der im selben Jahr veröffentlicht wurde. Nicht nur in der Handlung, sondern auch in der gesamten Machart. Aus heutiger Sicht ist eine solche Geschichte natürlich nichts Besonderes mehr, weil das so in der Art schon etliche Male verfilmt wurde. „Peeping Tom“ ist allerdings noch immer brandaktuell und beschäftigt sich auf sehr interessante Art und Weise mit dem Thema Voyeurismus. Die Hintergründe wurden fein herausgearbeitet und selbst wenn das damals als reiner Schund abgetan wurde, so ist es das natürlich absolut nicht. Nur ein paar Momente wirken manchmal leicht holprig und etwas hölzern, so z.B. wenn plötzlich die blinde Mutter in Marks Wohnung auftaucht. Hier bemerkt man dann schon das Alter des Filmes, weil das in seiner Theatralik recht altbacken erscheint.
 
 
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Für Regisseur Michael Powell, der schon seit 1925 im Filmbusiness tätig war und einige Klassiker für sich verbuchen konnte, war „Peeping Tom – Augen der Angst“ eigentlich eine Katastrophe. Das Publikum mochte den Film nicht, die Kritiker verrissen ihn und im Filmgeschäft konnte Powell danach lange kein Fuß mehr fassen. Dabei hatte er schon geahnt, dass das Publikum für diese Art von Film noch nicht bereit wäre. Dass es so schlimm kommen würde, konnte er aber wohl nicht ahnen. Es ist unfair, dass Hitchcock mit „Psycho“ nicht so hart gefallen ist, lassen sich die Werke von der Herangehensweise doch ganz gut vergleichen. Nur war „Peeping Tom“ zuerst da und er machte seine Sache sogar noch subtiler. Heute ist der Film völlig berechtigt ab 12 Jahren freigegeben und auch hier bemerkt man das Alter des Werks. Grafische Gewalt ist nämlich keine zu sehen. Alle Morde finden im Off statt. Dabei wird man wohl leider nie mehr in den Genuss einer völlig ungeschnittenen Fassung kommen, weil der Film bereits vor Kinostart entschärft werden musste. Berücksichtigt man das Alter von „Peeping Tom – Augen der Angst“, dann ist er nicht unbedingt harmlos, nur trifft diese Aussage eben überhaupt nicht auf das zu, was man sehen kann.
 
 
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Viel mehr ist es die Stimmung, die Powell kreiert, die einen auch nach so vielen Jahrzehnten noch fesseln kann. Sein Mörder ist nämlich kein Irrer, der kreischend andere Menschen umbringt. Es handelt sich um einen ruhigen, recht introvertierten und sogar netten Mann. Diesen spielt Karlheinz Böhm wirklich ausgezeichnet. Bekannt geworden als Kaiser Franz in „Sissi“, wollte sich Böhm von seinem Image freispielen und nahm deshalb diese Rolle an. Auch ihn traf es hart und seine Karriere erlitt einen echten Knick. Dabei ist diese Leistung wirklich hervorragend und zeigt, dass in Böhm viel mehr steckte. Auch die restlichen Darsteller machen ihre Sache gut, aber im Fokus steht auf jeden Fall der Charakter von Mark. Dieser wird dann auch ganz gut durchleuchtet. Wie er zu dem geworden ist und warum er nun eine solche Vorliebe für das Töten entwickelt hat, erzählt „Peeping Tom – Augen der Angst“ ruhig, bodenständig und sogar ziemlich authentisch. Dass der Psychopath solch viele sympathischen Seiten hat, war für die damalige Zeit wohl zu viel des Guten. Ein weiterer Beweis dafür, dass der Film seiner Zeit voraus war.
 
 
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Dies kann man übrigens auch an der Inszenierung erkennen, die aus heutiger Sicht vielleicht nichts Besonderes mehr sein mag, damals aber sicherlich als experimentell zu verbuchen war. Dass die Morde teilweise Point-of-View, also aus der Sicht des Killers gefilmt wurden, was dem Zuschauer einen subjektiven Eindruck vermittelt, ist ein Stil, den Filme erst hinterher zahlreiche Male benutzten. Man könnte hier teilweise sogar von einem ganz frühen Vorreiter der Slasher-Filme sprechen. Viele Szenen sind allerdings ruhig, werden von Dialogen beherrscht und große Hektik sucht man vergebens. Das ist nicht immer total aufregend und auch gar nicht mal so spannend, fesselt aber dennoch irgendwie, weil man hin- und hergerissen über das Schicksal von Mark ist. Das Finale ist dann sehr kurz, wurde aber großartig inszeniert. Hier darf man nochmal von einem echten Psychothriller sprechen, doch ansonsten ist „Peeping Tom – Augen der Angst“ oftmals auch im Bereich des Dramas anzutreffen. Die 102 Minuten mögen, gerade aus heutiger Sicht, ihre kleinen Längen besitzen, vergehen dafür aber dennoch zügig. Etwas schade ist lediglich, dass die deutsche Synchronisation der Farbfassung nicht ganz so gut klingt, wie man das aus früherer Zeit eigentlich gewohnt ist. Dafür hört man dem sehr gut eingesetzten Score allerdings liebend gerne zu.
 
 
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PEEPING TOM – Fazit

 
 
 
8 Punkte Final
 
 
 
Was damals ein Skandal war, ist heute ein anerkanntes Meisterwerk und für seine Zeit ging „Peeping Tom – Augen der Angst“ wirklich erfrischend andere Wege. Für eine Höchstwertung reicht das aus heutiger Sicht nicht mehr. Dafür sind ein paar Szenen etwas zu unfreiwillig komisch und die Schockwirkung kann sich kaum noch entfalten. Leider fehlt es an Mordszenen und Gewalt kommt gar keine vor, aber die Atmosphäre besitzt dennoch ihre verstörende Art und Weise. Das liegt zum einen an der sehr guten Inszenierung, die Stilmittel benutzt, die ihrer Zeit voraus waren. Zum anderen liegt es an der sehr eindringlichen Leistung von Karlheinz Böhm und dann liegt dies aber auch noch mit an der starken Figurenzeichnung von Mark. Diese drei Punkte machen „Peeping Tom“ wirklich sehenswert. Der Unterhaltungswert mag leicht schwanken, liefert in den entscheidenden Momenten aber immer voll ab und die Geschichte funktioniert dennoch. Dafür, dass dieses Werk schon mehr als sechs Jahrzehnte auf dem Buckel hat, ist es immer noch bemerkenswert, sehenswert und weniger angestaubt, als viele andere Filme in diesem Alter. Für Psychothriller-Fans unbedingt empfehlenswert!
 
 
 


 
 
 

PEEPING TOM – Zensur

 
 
 
„Peeping Tom – Augen der Angst“ feierte seine Deutschlandpremiere Anfang 1960 im Kino. Offenbar schockierte der Inhalt bereits damals Zensurbehörden, weshalb der Streifen mit FSK 18-Freigabe und in gekürzter Form in die Lichtspielhäusder kam. Wie in vielen anderen Länern wurden auch in Deutschland Gewalt-, Handlungs- und freizüge Szenen entfernt. Das änderte sich im Zuge von TV-Ausstrahlungen. Diese waren zum großen Teil nur noch um eine Szene zensiert. Kurios: Obwohl „Peeping Tom – Augen der Angst“ bereits 2005 eine neue FSK-Freigabe erhielt und in ungeschnittener Form bereits für Zwölfjährige freigegeben wurde, wurde weiterhin die Cut-Fassung im TV aufgeführt. Erst die DVD-Veröffentlichungen waren ungeschnitten. Gleiches gilt nun auch für die Blu-ray und 4K-UHD-Releases aus dem Hause StudioCanal / Arthaus. Diese sind komplett und frei ab 12 Jahren. Klassiker-Fans können bedenkenlos zugreifen.
 
 
 


 
 
 

PEEPING TOM – Deutsche Blu-ray

 
 
 
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(c) StudioCanal / Arthaus (Blu-ray im KeepCase – ungeschnittene Fassung)

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TECHNISCHE DATEN


Originaltitel: Peeping Tom; Großbritannien 1960

Genre: Thriller, Drama, Krimis

Ton: Deutsch PCM 2.0 (Mono), Englisch PCM 2.0 (Mono), Französisch PCM 2.0 (Mono)

Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch

Bild: 1,66:1 (1080p/Full HD) | @23,976 Hz

Laufzeit: 101 Minuten

FSK: FSK12 (ungeschnittene Fassung)

Verpackung: KeepCase

Extras: „Visions of Voyeurism“ – Gespräch mit Sir Christopher Frayling, Featurette „Take me to your Cinema: Das Vermächtnis von Peeping Tom“, Über die Restaurierung, Dokumentation „The Eye of the Beholder“, Intro von Martin Scorsese (2007), Interview mit Thelma Schoonmaker (2007), Audiokommentar von Filmwissenschaftler Ian Christie, Originaltrailer, Bildergalerie, Trailer, Booklet.

Release-Termin: KeepCase: 25.01.2024

 

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PEEPING TOM – Trailer

 
 


 
 
 

Benjamin Falk

(Rechte für Grafiken liegen bei StudioCanal / Arthaus)

 
 
 
Ähnche Filme:
 
Psycho (1960)
 
Das Fenster zum Hof (1954)
 

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