Filmkritik: „Speak No Evil“ (2022)

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SPEAK NO EVIL

(Gæsterne)

Story

 
 
 
Als eine dänische Familie in die Niederlande reist, um dort eine Familie zu besuchen, die sie im Urlaub kennengelernt hat, kann noch keiner wissen, in welch großem Terror die Situation gipfeln soll.
 
 
 


 
 
 

SPEAK NO EVIL – Kritik

 
 
 
Abseits des Mainstream-Horrors, wird das Genre auch immer mal wieder gerne für Gesellschaftskritik benutzt. Das kann dann sogar in Satire ausarten, soll aber maximal unangenehm sein, wie uns einst „Funny Games“ so schön bewies. „Speak No Evil“ ist der nächste Schocker, der sein Publikum fassungslos machen will. So sehr der dänische Film das mit seinem Ende auch darauf anlegt – Es funktioniert tatsächlich ordentlich. Selbst ein hartgesottenes Publikum dürfte dieser Schluss nicht kalt lassen. Doch davor müssen ja auch noch knapp 90 Minuten gefüllt werden und auch dies macht „Speak No Evil“ sehr gekonnt. So entsteht ein Film, den man so in dieser Art eher selten zu sehen bekommt, der auf der einen Seite fast schon amüsant geraten ist und auf der anderen dann doch wieder einen eiskalten Schlag in die Magengrube darstellt.
 
 
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Während eines Urlaubs in der Toskana machen Bjørn, Louise und ihre Tochter Agnes Bekanntschaft mit dem niederländischen Paar Patrick und Karin, die einen Sohn haben. Man versteht sich gut und einige Monate später, als der Urlaub längst vorbei ist, erhalten Bjørn und Louise eine Einladung von dem anderen Paar. Es soll also für ein paar Tage in die Niederlande gehen. Anfangs ist die Stimmung gut und alle freuen sich auf ein paar schöne Tage, aber Patrick und Karin haben seltsame Angewohnheiten und verhalten sich von Tag zu Tag merkwürdiger. Eigentlich ist es dem dänischen Paar unangenehm, sie darauf aufmerksam zu machen, weil sich das als Gast einfach nicht gehört, doch irgendwann geht alles schief und eskaliert. „Speak No Evil“ ist definitiv einer der Filme, über die man im Vorfeld nicht zu viel wissen sollte. Deshalb wird das Ende hier auch garantiert nicht gespoilert, sondern nur umschrieben. Weiß man es nämlich schon vorher, kann sich hier nicht diese Wucht entfalten, welche manch ein Zuschauer fassungslos machen könnte. Generell ist das Drehbuch ziemlich gut geschrieben. Es lebt zwar von einigen Übertreibungen, doch da hier ein nicht zu geringer Anteil aus Satire besteht, soll dies erlaubt sein. Diese Satire, oder auch Gesellschaftskritik, behandelt die Etikette und die Höflichkeit, die oftmals nur aufgesetzt ist. Es geht u.a. darum, wie viel man sich gefallen lassen sollte, aber auch um die Frage, ob man nicht selbst schuld ist, wenn man nichts dagegen tut. Mit dieser Prämisse besitzt das Drehbuch eine alltägliche Situation, die für nahezu jeden Zuschauer greifbar sein sollte. Und dass sich hieraus dann ein solcher Horror entwickelt, macht das Geschehen nicht gerade angenehmer.
 
 
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Dabei fängt alles noch ganz harmlos an. Am Anfang sind es eher peinliche Situationen, die manchem Zuschauer vielleicht auch schon unangenehm sein könnten, aber auch auf humorvolle Weise betrachtet werden können. Mit dem richtigen (pechschwarzen) Humor macht „Speak No Evil“ in der ersten Hälfte manchmal schon fast richtig Spaß. Doch man weiß ja, dass da noch etwas kommen muss und deshalb steigt gleichzeitig die Spannung, welche dann im letzten Drittel allmählich ihren Höhepunkt erreicht, wenn es Richtung Ende geht. Hier wird aus der Gesellschaftssatire, die dann noch kleine Spuren eines Thrillers angenommen hat, dann endgültig purer Horror. Und zwar in seiner reinsten Terror-Form. Am Ende läuft das alles ziemlich schnell ab und ehe man sich versieht, schaut man dem Abspann zu, muss aber noch ein wenig sitzenbleiben, um das gerade Gesehene zu verdauen. Die Schockwirkung verfehlt ihren Zweck also auf keinen Fall und es bleiben viele offene Fragen zurück, auf die es (zum Glück) keine Antwort gibt. So umschwebt das Geschehen noch eine leicht rätselhafte Note, die ein wenig zur Interpretation einlädt.
 
 
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Ohne die passenden Darstellerleistungen hätte das alles jedoch nicht halb so viel gebracht. Zum Glück kann sich „Speak No Evil“ aber auf sehr bodenständige, authentische Schauspieler verlassen. Morten Burian und Sidsel Siem Koch spielen das sehr zurückhaltend und man könnte meinen, ihn geschieht dieses Szenario nun wirklich gerade. Dagegen hat Fedja van Huêt sichtbar Spaß an seiner diabolischen Rolle, in der er sich so richtig schön daneben benehmen darf und Karina Smulders ist ebenfalls solide. Abgesehen von den zwei Kinderdarstellern, von denen allerdings nie zu viel gefordert wird, sind ansonsten auch kaum andere Personen zu sehen.
Ebenfalls wichtig für einen Film dieser Art ist die Figurenzeichnung. Und hier wurde ganze Arbeit geleistet. Auch in diesem Punkt sind Übertreibungen vorhanden und nicht jede Handlung mag für jeden völlig nachvollziehbar sein. Allerdings ist es in der Tat so, dass manche Menschen sich dermaßen viel gefallen lassen und sich in die Opferrolle begeben, dass ein Ende wie dieses gar nicht so abwegig erscheint, wie manch einer nun denken mag. Das ist markant gestaltet, lebt besonders von den Antipathien und besitzt genügend Realismus.
 
 
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Der dänische Schauspieler Christian Tafdrup, der allerdings nicht zum ersten Mal Regie führte und auch mit am Drehbuch schrieb, setzt sein Szenario gekonnt um. Nach schönen Urlaubsbildern wird es etwas trister, doch an Schauplatzwechseln mangelt es „Speak No Evil“ nicht. Einige Szenen kommen überraschend, manche sind in ihrer Dramaturgie relativ vorhersehbar, doch da besonders das fiese Ende dies niemals ist, macht das nichts weiter aus. Die Inszenierung erfüllt ihren Zweck jedenfalls sehr gut und ist effektiv. Dazu gibt es eine abwechslungsreiche Atmosphäre, die von Scham bis zum Schock eigentlich alles bietet. Teilweise möchte man wirklich den Kopf schütteln, manchmal kann man sich das Kichern aber auch nicht verkneifen. Die Grenze zum Tabu verläuft hier recht flüssig und auch dies sorgt dafür, dass „Speak No Evil“ so gut funktioniert. Obwohl das Geschehen lange Zeit erstmal keine Elemente eines Horrorfilms oder eines Thrillers besitzt, steigert sich die Spannung unterschwellig und das ist bemerkenswert unterhaltsam. Längen sind da eigentlich keine auszumachen und die Laufzeit von knapp 100 Minuten wurde gut gewählt. Effekte braucht der Film nicht viele und eine Gewaltorgie sollte nun auch niemand erwarten. Was man am Ende zu sehen bekommt, verfehlt seine Wirkung allerdings trotzdem auf keinen Fall und wurde sehr gut gestaltet.
 
 
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SPEAK NO EVIL – Fazit

 
 
 
8 Punkte Final
 
 
 
„Speak No Evil“ ist schon ein überaus fieser, gemeiner, kleiner Terrorfilm, der völlig unscheinbar beginnt und am Ende wie eine Lawine über den Zuschauer hinwegrollt. Das ist nicht ganz frei von Schwächen, weil man nicht jede Handlung als gänzlich logisch bewerten möchte und es ein paar ziemlich große Übertreibungen gibt. Davon mal abgesehen, funktioniert der Film aber dennoch einwandfrei. Die Moral ist bitterböse, aber gar nicht so unrealistisch und wird mit dem kurzen Dialog: „Warum tust du das? – Weil du mich lässt!“ sehr gut zusammengefasst. Die Gesellschaftskritik sitzt also, die Darsteller erledigen ihren Job bestens und die Figurenzeichnung ist ebenfalls gelungen. Hinzu gesellt sich eine passende Inszenierung und eine höchst abwechslungsreiche Atmosphäre. Das wird sicher nicht jedermanns Geschmack sein, aber der Film ist wie gemacht dafür zu polarisieren und selbst wenn man keinen Gefallen daran findet, muss man zugeben, wie genial böse und unvorhersehbar dieses Ende kommt!
 
 
 


 
 
 

SPEAK NO EVIL – Zensur

 
 
 
„Speak No Evil“ erhielt von der FSK eine Freigabe ab 16 Jahren. Die deutsche Fassung ist ungeschnitten.
 
 
 


 
 
 

SPEAK NO EVIL – Deutsche Blu-ray

 
 
 
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TECHNISCHE DATEN


Originaltitel: Gæsterne; Dänemark | Niederlande 2022

Genre: Horror, Thriller, Drama

Ton: Deutsch DTS-HD MA 5.1, Dänisch DTS-HD MA 5.1

Untertitel: Deutsch

Bild: 2.40:1 | @23,976 Hz

Laufzeit: 97 Minuten

FSK: FSK16 (ungeschnittene Fassung)

Verpackung: KeepCase | Mediabook

Extras: Watch or Pass: Interview mit Regisseur Christian Tafdrup von David Stark, Trailer | zusätzlich im Mediabook: Booklet, Film auf 4K-UHD-Disc

Release-Termin: KeepCase + Mediabook: 07.12.2023

 

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SPEAK NO EVIL – Trailer

 
 


 
 
 

Benjamin Falk

(Rechte für Grafiken liegen bei Plaion Pictures)

 
 
 
Ähnche Filme:
 
Funny Games (1997)
 
Funny Games U.S. (2007)
 

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